Crispini blieb vor einer schmalen Tür stehen und begann die Anfangstakte des Tiger Rag zu pfeifen.- Als in der ersten Etage ein Fenster aufging, hörte er sofort damit auf.
"Alcide, Süßer, bist du es?" fragte eine zarte Stimme.
"Derselbe in voller Lebensgröße und stets zu Ihren Diensten, Senorita!" erwiderte Crispini gespreizt. Er selbst hielt es für äußerst galant.
Das Mädchen lachte amüsiert auf. "Bleib, ich werf dir den Schlüssel hinunter; aber sei bitte leise!"
In der Kneipe erklangen gerade schon wieder die ersten Takte des Liszt-Twist-Liebestraumes — so schmetternd, daß es Crispini förmlich vom Pflaster hochhob. Der Schlüssel kam geflogen. Er hob ihn auf, schob ihn ins Schloß und sperrte auf. Eine Minute später klopfte er im ersten Stock an eine Zimmertür.
"Herein!" flötete Querida, und er trat ein. Rabenschwarze Dunkelheit empfing ihn. "Mach die Tür zu, Liebster!" hauchte die Mexikanerin.
Crispini gehorchte. Sofort flammte Licht auf.
Der „homme á femmes", in dessen Händen alle Frauen wie Wachs waren, kniff die Augen zusammen, um seine Augen an die gleißende Helligkeit zu gewöhnen. Er hatte aber bereits genug gesehen: die runde Laufmündung eines 44er Revolvers. Der Mann, der die Waffe in der Hand hielt, war klein, dick, o-beinig und grauhaarig.
"Pa-Pancho Go-Gonzales!" stotterte Crispini totenbleich. "I-in der Z-Zeitung stand doch — doch, da-daß du sieben Jahre — einsitzen mußt ...!"
"Ich wußte gar nicht, daß du lesen kannst, Alcide!" erwiderte Gonzales eisig. "Setz dich und hör mir gut zu! Ich hab' dir was von Pablo Villa auszurichten!"
Crispini fügte sich achselzuckend.
Im selben Augenblick endete der „Liebestraum" mit einem grellen Mißton. Die Platte war zersprungen.
Mord um keinen Dollar
- Nicht immer geht die Rechnung auf -
von G. W. Jones (= ???)
