Inzwischen war es drei Uhr morgens geworden. Jemand klopfte schüchtern an Minettis Tür.
Minetti zuckte wie elektrisiert zusammen. Er wußte, wer Einlaß begehrte; ein neuer, sensationeller Triumph des größten Frauenverführers seit Don Juan lag in der Luft. Bei der nächtlichen Besucherin konnte es sich nur um Suzy handeln, das Stubenmädchen, das bisher so unnahbar getan hatte. Dergleichen gehörte eben zu den Spielregeln. Keine Festung ergibt sich bei der ersten Aufforderung zur Übergabe. Suzy hatte es jedoch in den vergangenen Tagen etwas übertrieben. Sie hatte die Spröde gespielt und den schönen Stefano dadurch fast wahnsinnig gemacht. Um so härter würden die Kapitulationsbedingungen sein; das nahm sich der gegenwärtige Chauffeur fest vor. Er war durch und durch Italiener und wußte, wie man mit den Frauen umgehen muß.
Er saß mit dem Rücken zur Tür. Als er sie leise quietschen hörte, grinste er befriedigt, drehte sich aber nicht um.
Eine Weile blieb es still in dem Zimmer.
Minetti wurde es allmählich zu dumm.
"Mein liebes Mädchen!" sagte er arrogant, und noch einmal: "Mein liebes Mädchen! Was bildest du dir denn ein? Erst zeigst du mir die kalte Schulter, spielst die Uninteressierte, Unnahbare, und dann kommst du plötzlich wie ein Dieb in der Nacht. Glaubst du, daß du mir damit imponieren kannst? Sag, was du willst, und dann geh wieder!"
"Was ich will?" echote eine kernige Baßstimme - und Minetti fiel aus allen Wolken. "Das kann ich dir sagen: Zehntausend Dollar waren ausgemacht, siebenhundert hast du angezahlt; ich bekomme also noch neuntausenddreihundert Dollar. Du hast sie doch sicher bei der Hand?"
Eine unheilschwangere Pause folgte.
Minetti, der Prototyp des schönen Italieners, drehte sich zitternd um...
Fabbris faule Flebben
- Mann ohne Herz -
von G. W. Jones (= ???)
