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Geschrieben von Olivaro am 03.11.2014 um 22:11:

Bibliothek des Hauses Usher Bd. 20: Stadt ohne Namen von Howard Phillips Lovecraft



Stadt ohne Namen

Horrorgeschichten

von Howard Phillips Lovecraft

Aus dem Amerikanischen von Charlotte Gräfin von Klinckowstroem

Titelillustration von Hans Ulrich & Ute Osterwalder

251 Seiten

Bibliothek des Hauses Usher Bd. 20

Erschienen 1973 im Insel Verlag



Inhalt:

1. Stadt ohne Namen

2. Dagon

3. Der Hund

4. Das Fest

5. Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel

6. Grauen in Red Hook

7. Das Bild im Haus

8. Herbert West - der Wiedererwecker

9. Der Tempel

10. Er

11. Die lauernde Furcht

12. Arthur Jermyn

13. Nyarlathotep

14. Das gemiedene Haus

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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.

Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene


Geschrieben von Shadow am 14.01.2015 um 10:07:

Zitat:
Original von Olivaro
Die Titelgeschichte ist für mich auch gleich die gelungenste der Erzählungen; sehr eindringlich und bedrohlich Böse

Zitat:
Original von Estrangain
Stadt ohne Namen, eine der frühen Geschichten: zyklopisch, monströs und abscheulich...

Eure Bewertungen stimmen schon im Wesentlichen. Die Story packte mich auch gelegentlich ein wenig. Aber ich muss sagen, ich bin auch relativ enttäuscht davon. Stets habe ich gelesen, H. P. Lovecrafts Storys sind so gruselig, dass einem beinahe das Blut gefriert! Nichts ist passiert. Da habe ich schon weitaus gruseligere Heftromane gelesen oder (Taschen)Bücher.

Man muss halt doch die Zeit einrechnen. Die Story entstand in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts (glaube ich). Damals war das sicher noch äußerst gruselig zu lesen. In den 70ern, den 80ern vielleicht auch noch. Aber heutzutage? Sind wir nicht schon mit Horror übersättigt? Abgesehen von dem alltäglichen Horror in unserer realen Welt, aber vor allem in der (Sub)Literatur gab es doch noch nie so viel an Horrorstorys in allen Härtegraden zu lesen wie in den letzten 45 Jahren. Und auch in Filmen und Fernsehserien ist der Gewaltpegel doch enorm in die Höhe geklettert.

So betrachtet mutet "Stadt ohne Namen" recht keusch an, was den (Splatter)Horror betrifft. Es passiert ja nicht wirklich etwas in der Story. Alles ist (fast) nur Gedankenspielerei auf des Protagonisten Weg nach unten. Vieles ist nur Andeutung. (Wozu stehen die Särge wirklich da unten herum?) Und der bewusst offen gehaltene Schluss ist m. E. heutzutage nicht mehr stark genug, um nachhaltigen Grusel zu erzeugen, denn offene Schlusssequenzen gab und gibt es inzwischen zuhauf. Vor allem aber finde ich, dass die gewählte Ich-Form kontraproduktiv ist, da mir sofort klar war, dass der "Held" relativ sicher überleben wird, weil es damals nicht üblich war, dass ein Toter aus dem Jenseits seine Geschichte erzählt.

Ich will die Story auf keinen Fall heruntermachen. Sie ist wirklich gut geschrieben. Aber es fehlen mir persönlich ein paar Dialoge, die der Story mehr Würze, mehr Leben einhauchen hätten können. Dennoch werde ich die anderen Storys auch noch lesen, denn ich empfinde H. P. Lovecrafts Werke auf jeden Fall als eine Bereicherung meiner Lesenswelt.

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Erhebe nicht den Anspruch, alles zu wissen – versuche es.


Geschrieben von Olivaro am 16.01.2020 um 13:16:

Ein interessanter und repräsentativer Querschnitt aus Lovecrafts Schaffen, von den lyrischen Fantasien wie Das merkwürdig hochgelegene Haus im Nebel oder in einer weitaus düsteren Variante Nyarlathotep über reine Horrorgeschichten wie Das Bild im Haus bis hin zu seinen Erzählungen aus dem Cthulhu-Mythos wie Dagon, die bereits 1919 die Keimzelle zum Mythos darstellt; erst 1928 wird der Mythos mit The Call of Cthulhu in feste Formen gegossen. Und als besondere Rarität gibt es mit Das gemiedene Haus eine Erzählung, die nahezu ohne Tod und Wahnsinn und mit einem fast romantischen Ende ausklingt:

"Die unfruchtbaren alten Bäume im Hof haben angefangen, kleine süße Äpfel zu tragen, und im letzten Jahr nisteten Vögel in den knorrigen Zweigen."

Andererseits kann man nur mutmaßen, welche Wirkung Geschichten wie Der Hund auf die Leser des Jahres 1924 gewirkt haben mögen, wo die Protagonisten eine pathologische Vorliebe für alles Verdorbene, Abartige und Dekadente entwickeln und aus Rohren verschiedene Düfte wie "der gräßliche seelenaufwühlende Gestank des geöffneten Grabes" entströmen oder es in ihrem bizarren Museum Stücke gibt wie "den verrotteten Kahlkopf eines berühmten Adligen und frische, strahlende, goldhaarige Köpfe noch nicht lange begrabener Kinder". Hier wollte Lovecraft wohl seine Grenzen ausloten, was aber in dieser Art und Weise eine Ausnahme war - trotz allen Grauens und aller grausiger Ereignisse, die sein Werk auszeichnen.

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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.

Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene

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