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Geschrieben von Olivaro am 21.10.2016 um 22:23:

Band 2: Schloß Malplaquet oder Lilliput im Exil von Terence Hanbury White



Was ist eigentlich aus den Lilliputanern geworden, die durch Gullivers Schuld nach England gerieten? Diese brennende Frage klärt T. H. Whites Roman. Das uralte Schloß Malplaquet in einem fernen Winkel Englands ist Schauplatz der abenteuerlichen Erlebnisse der jungen Schloßherrin Maria, die im Park die Nachkommen des stolzen Volks von Lilliput entdeckt und mit ihrer Hilfe den Kampf um ihr Erbe aufnimmt. Ihre Gegner sind zwei gnadenlose Schurken, die aber dank einer feldmarschmäßig organisierten Offensive der Lilliputaner zuletzt doch mit Schimpf und Schande aus dem Schloß gejagt werden.»Malplaquet« parodiert zugleich sich selbst, die englische Kinderliteratur und das ganze phantastische Genre, das alles aber mit dem altertümlichen Charme und Witz der Lilliputaner und ihres Erfinders Swift.


Schloß Malplaquet oder Lilliput im Exil

Verfasst von Terence Hanbury White

Originaltitel: Mistress Masham's Respose, 1947

Aus dem Englischen von Rudolf Rocholl

Titelbild von Claus-Dietrich Hentschel (aus: "Burgberg", 1982)

Fischer-Taschenbuch Bd. 7202 = Bibliothek der phantastischen Abenteuer Bd. 2

Fischer Taschenbuch Verlag

227 Seiten

Erschienen im Januar 1986

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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.

Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene


Geschrieben von Shadow am 12.08.2020 um 18:01:

Wie bereits im Klappentext erwähnt, ist dies ein liebenswürdig verfasstes Buch über die Nachkommen einst von Lilliput geraubter Einwohner. Kapitän Biddle, der Lemuel Gulliver mit seinem Schiff abholte, entführte einige bei einer nochmaligen Fahrt und verdiente in England ordentlich Geld mit ihnen. Vor einer Vorführung auf Schloss Malplaquet gab er sich wieder einmal dem Trunk hin und übersah dabei, dass er den Deckel ihres Behälters nicht richtig sicherte - und so entflohen ihm die kleinen Leutchen von Lilliput und versteckten sich in der riesigen Parkanlage des Schlosses. Niemand sah sie, bis die 10-jährige Maria sie zufällig auf der kleinen Insel im Quincunx-See entdeckte - in den 1930er-Jahren!

Von da an lernt das Mädchen verschiedenste menschliche Regungen kennen: Hilfsbereitschaft, die alsbald in Besitzdenken umschlägt, Unverständnis darüber, dass die Lilliputaner nicht ihre Untergebenen sein wollen usw. Ihr liebster Freund, ein alter, zerstreuter, mittelloser Professor, rettet sie immer wieder vor sich selbst und ihren Gelüsten - und muss auch gegen die skrupellose Gouvernante und Marias bestellten Vormund, einen Vikar, ankämpfen. Die Gouvernante, Miss Brown, will selbst vor einem Mord nicht zurückschrecken, um in den Besitz des kleinen Volks zu kommen, um es gewinnbringend zu verkaufen ...

Meine Meinung: Das Buch liest sich angenehm dahin, wenn auch einige Male recht anstrengend, wenn Lilliputaner Ansprachen halten, der Professor seine zerstreuten Gedanken sortiert, die brave Köchin ihr Kauderwelsch daher brabbelt oder gar der Lord Lieutenant so gar nicht zu einer Amtshandlung bereit sein will. Davon abgesehen ist dieses kleine Buch ein Paradebeispiel gegen jegliches Besitzdenken gegenüber anderen Wesenheiten und/oder Menschen. Ebenso angeprangert wird ein wenig unsere moderne Technikgläubigkeit, wenn beschrieben wird, mit welch einfachen Dingen das kleine Volk seit Jahrhunderten klarkommt - und sei es beim Fischfang. Aber auch bei allen anderen Tätigkeiten, wobei sie schwerste Hürden zu überwinden haben, worüber wir "Normalgewachsenen" gar nicht nachzudenken brauchen. Meines Erachtens sollte dieses Buch unbedingt in jeder Schulbibliothek vorhanden und sogar Pflichtlektüre sein. Schaden würde es sicher keinem jungen Menschen, sich mit diesem Text genauer zu befassen.

Fazit: Wer der Fantasy nicht abgeneigt ist, dem kann ich dieses Buch wärmstens ans Herz legen. Und auch für uns ältere Semester ist es durchaus lesbar, vor allem dann, wenn man bereit dazu ist, sich vom bloßen rationellen Denken und Akzeptieren zu lösen.

Ich vergebe 5 von 5 Malplaquet-Promenaden.

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