Band 12: Haus der Höllenqualen
Der mit schwarzem Stoff ausgekleidete Raum wurde von dem Schein von hundert Kerzen erhellt. Die Kerzen steckten in einer großen Geburtstagstorte, die auf einem schimmernden Holzsarg lag.Vor dem Sarg standen vier Personen. Der Greis, dem die Feier galt, hielt sich kerzengerade und starrte aus unheimlich glühenden schwarzen Augen auf die leicht flackernden Flammen. Links und rechts von ihm standen zwei Frauen, ganz in Schwarz gekleidet, beginnendes Grau in den Haaren. Sie waren dem uralten Mann wie aus dem Gesicht geschnitten, hatten die gleichen pechschwarzen, funkelnden Augen, die gleichen geisterhaft bleichen Gesichter. Neben dem Sarg hatte sich ein würdig aussehender Mann mit einer breiten Hakennase, eng beisammenstehenden stechenden Augen und einem verkniffenen Mund aufgestellt. Er löste seinen Blick nicht eine Sekunde lang von dem Jubilar. "Erfolg dem Größten unter den Sterblichen", sagte der hakenasige Mann mit blechern klingender Stimme. "Erfolg dem Meister der Meister, Arthur Wittenham!" Er verbeugte sich vor dem Greis. Die Frau links des Jubilars begann zu weinen, die andere brach in schrilles Kichern aus. "Kelvin, erfülle deine Pflicht", forderte der Greis dumpf und hohl. Er streckte seine knochige Hand nach der Geburtstagstorte aus. "Hundert Kerzen, eine Kerze für jedes Jahr meines bisherigen Lebens. Es war nicht umsonst und wird noch reiche Früchte tragen. Kelvin, lösche die Kerzen!"
Verfasst von M.R. Richards (= Richard Wunderer)
Titelbild von Van Vindt (= Olof Feindt)
Erschienen am 03.02.1975
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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene