Band 24: Weißer Tod im schwarzen Erdteil
Der Jeep kam in einer gelben Staubwolke zum Stehen, rasselnd erstarb der Motor. Vier Männer in khakifarbenen Hemden und Shorts, über und über mit feinem gelben Sand bedeckt, sprangen heraus und liefen auf das Gebäude zu, aus dem der schrille Klang einer Musikbox drang. Es war eine fremdartige, exotisch anmutende Musik. Die vier Männer beachteten sie nicht weiter, wie sie sich auch nicht um die zahlreichen Gäste der Bar kümmerten. Lachend ließen sie sich auf die wackligen Holzstühle fallen und schrien lautstark nach Bier. Die einheimischen Besucher der Bar grinsten breit über ihre Gesichter, deren Farbe von tiefstem Schwarz bis Kaffeebraun reichte. Der Wirt, dick zum Platzen und vor Fett glänzend, kam mit vier Flaschen angewatschelt und stellte sie auf den Tisch der vier Weißen, deren Haut von der Sonne tief gebräunt war. "Immer Bier, wenn ihr aus Busch kommt! Afrika sehr heiß!" rief er lachend und beobachtete, wie die staubbedeckten Neuankömmlinge in einem Zug die Flaschen leerten. "Noch mal", sagte er, als einer von ihnen während des Trinkens vier Finger der freien Hand hochreckte. Es waren nur sieben andere Weiße in der vorwiegend von Einheimischen besuchten Bar. Sie saßen auf der mit Schilfmatten überdachten Veranda und tauschten Bemerkungen über den Durst der vier Männer aus dem Jeep aus. Die neue Runde kam, die vier setzten die Flaschen an den Mund. Rasch wurden Wetten abgeschlossen, ob es den Fremden auch diesmal gelingen würde, die Flaschen ohne abzusetzen zu leeren, doch plötzlich erstarb das Stimmengewirr. In die Todesstille hinein hörte man nur das Knacken der auskühlenden Metallteile des Jeeps und das Plätschern, mit dem das Bier aus den Flaschen über die Lippen der vier Männer auf den Boden floß. Die Fremden jedoch saßen stocksteif au fihren Stühlen, als wären sie zu Stein erstarrt. Aus ihrer Haut war jede Farbe gewichen, sie war kalkweiß geworden.
Verfasst von M.R. Richards (= Richard Wunderer)
Titelbild von Van Vindt (= Olof Feindt)
Erschienen am 21.07.1975
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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene