Habe zwischen "mittel" und "gut" geschwankt und letztlich ein "gut" vergeben. Der Anfang hat mir recht gut gefallen, die Kulisse ist ja auch ganz originell, Sheilas Gefährdung und die größere Rolle für Bill sind auch irgendwie ein kleiner Pluspunkt, aber irgendwie versackt das Hörspiel dann doch in der Menge der Sinclair-Classics: Vieles kommt einem bekannt vor, allerlei Klischees, auch überwiegt zunehmend seichte Action einem Gruselfeeling... Zu Beginn von Erhards Classic-Folgen war jede zweite ein Treffer, in letzter Zeit fühlt sich alles irgendwie gleich an. Liegt vielleicht auch an den Vorlagen: Ich wünschte ja, er würde mal ein paar übersprungene Folgen der regulären Sinclair-Hefte in die Classic-Folgen integrieren, sowas wie "Der Leichenbrunnen" oder ein "Hügel der Gehenkten" (halt ohne Destero), vielleicht würde das einen frischen Wind bringen... Aber bei den vielen altbekannten Soundtracks, der Actionlastigkeit, der überzogenen Souveränität & Selbstverliebtheit des jungen Dietmar-Wunder-Sinclairs und vor allem bei den vielen inszenatorischen Wiederholungen, die sich in die Handschrift eingeschlichen haben, bin ich mir da gar nicht so sicher, ob das ausreichen würde. Schmeckt leider irgendwie nach Einheitsbrei...
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"Ich komme nur mit Studenten zusammen und das ist so ihre Redensweise."
Warum nur waren diese Beinahevergewaltigungen von jungen Frauen damals im Heftroman so beliebt? Fanden die Groschenheft-Leser das wirklich geil und haben sich daran aufgegeilt oder kam das von Verlagsseite? Ich meine, die Kerle vom Prolog haben rein gar nichts mit dem Fall zu tun und haben so gar keinen Sinn. __________________
Aber egal. Immerhin beginnt das Hörspiel schön stimmig. Es entwickelt sich alles gemächlich, ohne Hetze. So mag ich das. Die Polizei gibt brav Auskunft über laufende Fälle und den Ermittlungsstand, da ist wohl jemand in Quassellaune. Und dann hört man auf Bill und informiert den Geisterjäger, statt die beiden englischen Touris für Spinner zu halten. Sicher! Dass John erst später dazu kommt spielt der Stimmung des Abenteuers in die Karten. Das gefällt mir schonmal alles sehr gut.
Mit Johns Eintreffen und Sheilas Entführung geht es dann konsequent den Bach runter. Zufälle, Bauchgefühl und konstruierte Entwicklungen. Dazu solche Szenen wie den trashigen Boxkampf mit den Kultisten und dieser fancy Hintergrundmusik, die eher zum Tonstudio Braun gepasst hätte. Na klar, die Classics sollen klassischer und „altmodischer“ aufgebaut sein als die actionreiche Edition 2000. Das ist schon gut so und gefällt mir. Aber die reine Nostalgieschiene in Groschenheft-Tonqualität deckt schon das TSB mit seiner zweiten Auflage aktuell ab.
Zum Finale wird dann nochmal alles schlimmer. Die Klinge nähert sich gaaaanz langsam und knapp Sheilas Kehle. Weil der Bösewicht darauf wartet, dass die Helden endlich eintreffen und sie nach Regieanweisung nicht eher töten darf? Dem Geisterjäger gibt indes eine Zufallsbekanntschaft aus dem Flieger den entscheidenden Tipp. Und selbst diese Zufallsbekanntschaft ist nur zufällig über die Notenblätter des Bösewichts gestolpert, wie sich während des Telefonats herausstellt. Ach, bitte. Natürlich vernichtet John mit der herkömmlichen Fackel die Statue des Dogen, weil seine Leiche nicht mit echtem Gold überzogen ist. Der Erklärungsversuch dazu ist lachhaft oder er hat damals wirklich schon hundertprozentig von einer höheren Macht Befehle als Bauchgefühl eingeflüstert bekommen. Wenn John das Gefühl hat, nachts von einer hohen Brücke zu springen, dann wird er das tun. Und nicht sterben, sondern einen Topf mit Koboldgold finden, der auf einer bequemen Matratze platziert ist. Ok, die Kritik geht eher an das Heftromangenre allgemein oder die Geschichten des Altmeisters.
Den passenden Abschluss bildet das Gag ganz am Ende. Dass John seinen Boss einfach dreist wegdrückt, obwohl der am Handy gerade von Leichen erzählt – also etwas Ernsteres passiert sein muss – finde ich nicht witzig. Ein Abendessen mit Freunden geht halt vor, sollen in England ruhig weiter Leute sterben. Was nervt Sir James auch so, ist ja nicht Johns Job….oh…doch, ist es!
Und ganz allgemein zur Handlung. Wieso sind die Schergen so doof, nicht vorher zu checken, ob die Frauen blonde Haare haben? Und der Polizei fällt auf, dass von dunkelhaarigen Frauen Leichen auftauchen, Vermisstenmeldungen von verschwundenen Blondinen sind aber egal?
Diese Logiklöcher würde ich dem Hörspiel verzeihen, weil es seine schaurige Atmosphäre abgesehen von ein paar trashigen Szenen halten kann. Aber die Heftromandinge hätten echt nicht sein müssen. Leute, poliert die neuen Hörspiele gerne auf. An den richtigen Stellen! Der Hörer will sicher keine Groschenheftvertonungen, sondern gut gemachte altmodische Schauerfälle des Geisterjägers.
Ein klares SCHLECHT. Gute Atmosphäre, solide Geschichte, schlechte Erzählmittel. Kann sein, dass die beim Heft von Dark schon so waren. Aber das war die alte Gespenster-Krimi-Zeit, sowas muss man in modernen Hörspielen nicht übernehmen.
Aktuelle Lesefavoriten:
1. Isaac Kane
2. Gespenster-Krimi Neuauflage
3. Die Vagabunden
4. Dämonenkiller
Ich habe ein gut vergeben. Die Stimmung passt; bis John auftaucht und wieder schwadroniert, dass er sein Kreuz nicht mehr hat... Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von pecush am 11.03.2021 10:44.
Wie wäre es mit Sinclair-Hörspielen ohne Sinclair? Dann würde ich vielleicht mal wieder ein sehr gut oder top vergeben.
Meinen Vorredner stimme ich aber gerne zu, auch wenn sie z.T. anderes gewertet haben; für mich ist in erster Linie wichtig, dass das Hörspiel unterhält, und das hat es.
Ich kann alle Rezis nachvollziehen, zum einen gute Unterhaltung, zum anderen Auffälligkeiten bzw. Dummheit der Schergen, was natürlich auch an der Vorlage galt. __________________
Ich fühlte mich eigentlich gut unterhalten, würde aber nur ein gutes Mittel bzw. 3 Sterne vergeben wollen.
LG Lessy
✨LESSYDRAGON✨
Der Weg ist das Ziel!