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Wenn die Süße des geringen Preises verflogen ist, die Bitterkeit minderer Qualität wird bleiben.
Eine angebliche Hexe, die Kräuterfrau Hildegard Lichtlein, wird um 1700 gefangen, misshandelt und spricht kurz vor ihrem Tod einen Fluch über Leipzig und seine Bewohner aus.
Später taucht ein unheimlicher Mönch auf und fängt an, Leute zu metzeln. Niemand kann ihm beikommen, der Fluch von Leipzig nimmt seinen Lauf ...
Doch die Menschen fangen an, ihn zu ignorieren und so tötet er nur noch, wenn er "gereizt" wird.
Als der Mönch im Hier und Jetzt wieder zuschlägt, wollen Zamorra und Nicole, die nach Leipzig kamen, um ihren Freund Michel Brakovic auf der Leipziger Buchmesse zu unterstützen, dem nachgehen.
Beim Showdown kommt es hart auf hart, denn die Kräfte des Mönchs sind nicht ohne. Als eigentlicher Drahtzieher entpuppt sich aber dann noch jemand anderes ...
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"Man sieht es, man hört es und man riecht es ... !"
"Also ... das musst du uns erklären, Sheila ... !"
"Man sieht, dass die Whiskyflasche leer ist und hört, dass du voll bist ... und man riecht deine Fahne!"
Nachdem ich wieder mal meinen JS Leserückstand aufgeholt habe, kann ich mich PZ widmen. Um genau zu sein habe ich das Heft schon vor einigen Wochen begonnen, dann aber mittendrin abgebrochen, weil es mich einfach nicht packen konnte. Das letzte Viertel habe ich nun fertig gelesen. Mal schauen, was ich in meinem Kopf noch zusammen kratzen kann. Wichtig ist es aber sowieso nicht, Simon Borners Roman ist ein Fall der Woche. Und er hat mich in seinen Kritikpunkten stark an die 1138 erinnert. Auch ein Einzelabenteuer. Dort haben mich die gleichen Dinge gestört. __________________
Zum Beispiel warum Zamorra mit einem Ortskundigen, der aber kein Polizist ist, einfach so einen frischen Tatort betreten kann. Nicht heimlich, wenn die Ermittler weg sind. Dort wird gerade noch gearbeitet, Spuren gesichert und die Leichen weggebracht. Und obwohl man den Fremden beim Betreten des Tatorts sieht, unternimmt niemand was. Borner macht es sich einfach, zu einfach. Egal wie bildhaft seine Lokalgeschichten geschrieben sind und wie interessant die realen Hintergründe sind. Mir ist immer noch wichtig, dass man die Handlung gut durchdacht aufbaut und sie sich nicht zu stark zurechtbiegt. Dieses mal ist die Sache mit dem Mönch sogar frei erfunden. Ich konnte keinen Geist oder Mönch im Zusammenhang mit einer Hexe oder dem Georgenhaus im Internet finden. Schade.
Genau so der Zufall, mit dem der Professor an den Fall kommt. Er will sich einfach mal in Leipzig mit einem alten Bekannten treffen. Zum Quasseln, der alten Zeiten wegen. Genau dieser Bekannte stolpert dann rein zufällig über eines der Opfer des Mönchs.
Es bleiben einem dann doch eher die schlechten Dinge im Kopf. Ein richtiges Highlight, an das ich mich lange Zeit erinnert werde, fällt mir nicht ein. Wobei. Die Engelmacherin Lichtlein ist eine interessante Person. Die Passage in der Hütte bei Sturm mit ihrer adeligen Kundin war schon gut geschrieben. Schlecht ist der Roman nicht, durchgehend gut auch nicht. Ein typischer Borner, wie ich ihn kenne.
Da ich keine frischen Eindrücke der gesamten Geschichte habe mache ich es mir einfach.
(5 von 10 Amuletten)
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Aktuelle Lesereihenfolge:
1. John Sinclair
2. Maddrax
Der Roman "Der Fluch von Leipzig" ist wieder eine großartige Geschichte aus der Feder von Simon Borner alias Christian Humberg.
Eine großartige Geschichte, die zudem großartig geschrieben ist. Und dabei nachdenklich und auch voller Selbstironie (auch in Bezug auf das Genre). Und die einem (sprich: mir) gerade nach der eingeschobenen Lektüre einiger "Dorian Hunter" aus alten Zeiten, wieder sehr deutlich macht, wer der wahre, lebendige, kultige, intelligente Klassiker ist. Nämlich "Professor Zamorra".
Dagegen bleibt der gerade wieder in den Fokus geratene "Dämonenkiller" nicht mehr als doch etwas verstaubter Exploitation-Trash, der zwar zwischendurch immer wieder Spaß macht, dem unsterblichen Professor Zamorra aber nicht das Amulett reichen kann.
Wobei die Lesart von "Der Fluch von Leipzig" noch auf einer zweiten Ebene funktioniert, wenn z.B. von selbstherrlichen bigotten Bürgern erzählt wird. Und von Menschen, die wir brauchen, die aber verdammt werden.
Ob von Simon Borner beabsichtigt, kann dabei erstmal dahingestellt bleiben. Denn wie schon manche Autoren und Regisseure vermerkt haben, gibt der Kreative mit der Veröffentlichung die Sichtweisen auf das Werk wie die Interpretationsweisen dieses aus der Hand.
Aber Anspielungen - auch ausdrückliche auf die unheilge Wirkung mancher Internetportale und des Boulevard"journalismus" zur Meinungsbildung - gibt es genug in dem Roman, der damit auf den realen Horror unserer Zeit und die realen, sich ausbreitenden tiefschwarzen Tentakel anspielt. Und die Äußerung "Wir leben im Zeitalter der Angst. Angst verkauft Inhalte. Angst steuert Denkweisen" bringt es auf den Punkt.
Eine Erkenntnis, die sich politische Seelenfänger immer verstärkter zu Nutze machen, und die in dem Roman nun eine Person auch in ihrer eigenen Profession zu ihrem Erfolgsmodell machen möchte. Mit eventuell verherenden Folgen für eine Stadt.
Wirklich ein toller Roman der Art (und mit den Untertönen), wie man sie früher im Heftformat allgemein eher nicht fand - bei "Professor Zamorra" (der die Wirklichkeit nicht aussperrt) aber nicht ganz so selten findet.
Grusel, Action, Spannung, Humor - und Gesellschaftskritik im Romanheft (das, wie hier deutlich wird, so nur eine Veröffentlichungsform ist. Eine, die viel mehr bieten kann als oft einschränkend vermutet).
Aber nebenbei: Wozu würden gesellschaftliche Anspielungen auch besser passen als zum Horrorgenre?
9 von zehn Amuletten für diesen hoch gelungenen Serienbeitrag, der vielleicht nur etwas zu abrupt endet, aber eben auf verschiedenen Ebenen funktioniert. Für Bauch, Herz und Hirn.