Wie viel heile Welt braucht der Heftroman? __________________
Ich zitiere hier (mit seiner Genehmigung) Florian Hilleberg. Der Originalbeitrag ist hier auf Facebook zu finden:
https://www.facebook.com/florianhilleberg/posts/984853965355050? comment_id=984941255346321¬if_id=1602161178849094¬if_t=feed_comment_r
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Hallo zusammen.
Heute habe ich mal eine Frage an alle Heftromanleser. In meinem aktuellen Sinclair-Roman sieht es mitunter sehr düster für unsere Helden aus und auf Amazon schrieb eine Leserin zu Band 2179 (dessen indirekte Fortsetzung Band 2204 ist): "Ich schrieb im Titel, dass mich das Ende ängstigt. Ja, das Ende (vor dem Epilog) ängstigt mich. Ich habe ein wenig Angst um meine Lieblingsfigur. Warum? Nun... es ist zu schön um wahr zu sein."
Auf der LKS zu MADDRAX Band 514 schrieb der Redaktuer Michael Schönenbröcher: "Aber das ist natürlich keine Garantie dafür, dass er (Ydiel) auch diesen Roman überlebt, zumal Ian Rolf Hill bisweilen recht ruppig mit den ihm anvertrauten Charakteren umgeht."
Bitte nicht falsch verstehen, diese Aussage empfinde ich als Kompliment. Nun ist es aber so, dass ein Schicksalsschlag nicht unweigerlich mit dem Tod enden muss. Und gerade in dieser Hinsicht, kommt zumindest bei Sinclair in den nächsten Wochen einiges auf die Protagonisten zu.
In meinem ersten ZAMORRA-Roman (Band 1178 "Grabgesang") ging es unter anderem um Missbrauch einer Minderjährigen, was einige Leser veranlasste, darauf hinzuweisen, dass ein solches Thema in Heftromanen nichts verloren hätten. Ebenso wie der Hinweis auf das Finning in einem meiner Sinclair-Romane. Es gibt also LeserInnen, die Probleme damit haben, wenn die Bedrohung in einem Heftroman nicht übernatürlichen Ursprungs ist oder aber Kinder und Tiere betroffen sind. Tatsächlich folgte der Heftroman lange Jahre bestimmten Schemata und Stereotypen, angefangen von der klassischen Heldenfigur, einem bestimmten Rollenbild bei den Geschlechtern und dem ungeschriebenen Gesetz, dass es am Ende immer gut ausgeht. Mittlerweile haben sich diese Regeln ein wenig aufgelöst. Die Helden dürfen verlieren, die Frauen die Männer retten, und am Ende darf sogar mal ein Tränchen abgedrückt werden. Auch stilistisch brauchen sich die Hefte nicht zwangsläufig hinter Taschenbüchern und Hardcovern zu verstecken. Ich persönlich gehe an das Schreiben von Heftromanen nur unwesentlich anders heran, als an das Schreiben eines umfangreichen Romans.
Aber nun zu meiner Frage an die LeserInnen:
Wie seht ihr den Umgang mit wiederkehrende Figuren, Alltagsproblemen und Schicksalsschlägen? Oder anders herum gefragt: Wie viel heile Welt braucht der Heftroman?
Gar nicht mal so leicht zu beantworten. __________________
Einerseits bricht man über das Lesen aus dem Stress und der Hektik des Alltages aus und braucht dieses dann nicht auch noch gelesen. Aus dieser Sicht möchte ich Dinge wie Kindesmisshandlung oder ähnlich arge Themen, die mittlerweile schon fast überall in der Nachbarschaft stattfinden nicht auch noch in einem Heftroman.
Andererseits mag ich auch die Realität im Grusel und der Fantasie, Entscheidungen und Geschehnisse, die man nachvollziehen kann wie aus dem Leben, um bis auf den erfundenen Grusel und der Fantasie nah dran sein zu können.
Schon allein diese beiden Absätze machen eine wirkliche Entscheidung nicht wirklich leicht. Viele Tabus sind gebrochen und das klappt auch gut, mit schlimmen Dingen an Kindern tue ich mich immer noch schwer...
Mal so als erstes Spontan-Statement...
LG Lessy
✨LESSYDRAGON✨
Der Weg ist das Ziel!
Ich hab mich bei Facebook dahingehend so geäussert: __________________
Ich bin nicht so der "Schöne, heile Welt" Freund. Bei mir darf der 'Held' auch mal derb auf die Schnauze bekommen. Zu zimperlich sollte man mit den Figuren nicht umgehen, das wirkt oftmals weichgespült!
Wie die alten Hasen hier wissen, gehen Kinder bei mir gar nicht. Da werde ich echt sauer und möchte dem Autor die Ohren real lang ziehen. __________________
Alles andere ist mir egal und Geschmackssache. Was ich aber problematisch finde ist sind halt die 64 Seiten. Da dann noch persönliche Probleme zu wälzen finde ich echt blöd, da geht mir zu viel von der Handlung verloren
Na ja und schöne neue Welt? Jeder soll das lesen was er will. Horror ist Horror und Krimi ist Krimi. Bei Heften soll das drin sein was vorne drauf steht. Und wenn eine Figur die man eigentlich gerne hat über den Jordan geht... Ja mein Gott, so ein Vampir braucht halt Blut und holt es sich wo er es herbekommt. Und wenn eine Bombe hoch get kann es nun einmal auch einen der Guten treffen
Ein Meister ist nicht derjenige, der etwas lehrt, sondern jemand, der seinen Sch�ler dazu anregt, sein Bestes zu geben, um ein Wissen zu entdecken, das er bereits in seiner Seele tr�gt.
Wenn es in einer Ehe keine Meinungsverschiedenheit gibt, dann ist einer ein Trottel
Den Tagen mehr Leben geben nicht dem Leben mehr Tage
"Gott, gib mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden."
Echt schwierig zu beantworten. Aber mit den Antworten meiner Vorposter kann ich mich mit anfreunden. Habe echt einen stressigen Job, arbeite permanent 50 Stunden pro Woche. Das Lesen ist für mich quasi ein herunter kommen und abdriften/eintauchen in einer anderen, fiktiven Welt. Ich benötige keine heile, rosarote Welt, doch bei dem Thema Kindesmissbrauch ergeht es mir wie Woody. Ich bekomme dabei nicht nur einen dicken Hals, sondern auch richtige Agro-Gefühle. Das Thema ist für mich ein no go in den Romanen.
Bei Facebook hab ich mich wie folgt geäussert: Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von Faceman75 am 09.10.2020 00:45.
Ich finde es gut, wenn es in einer Serie wie JS hart zur Sache geht. Natürlich darf auch den Hauptcharakteren einiges passieren, auch mit dauerhaften Folgen. Auch das Ableben von liebgewonnenen Hauptcharakteren sollte kein komplettes Tabu sein. Ich gebe zwar auch gerne zu, dass ich mir eine Sinclair-Serie ohne Suko, Bill oder vor allem John nicht vorstellen kann. und möchte. Sollte dies trotzdem mal so kommen, werde ich sicherlich aber dennoch weiterlesen und der Serie die Treue halten. Ich verfolge die Serie mittlerweile seit gut 35 Jahren und es müsste schon einiges mehr passieren als das Ableben einer meiner Lieblingsfiguren, bevor ich die Serie aufgeben würde. Mit Will Mallmann war dies damals ja auch bereits längst passiert. Bei einzelnen Geschichten allerdings wie innerhalb des Gespenster-Krimis braucht wegen mir auch auf Hauptcharaktere keinerlei Rücksicht genommen zu werden. Ich bin der Meinung, dass reale alltägliche Probleme wie Corona und die ganzen Folgen nicht gänzlich aussen vor gelassen werden sollten, allerdings sollte dies sich im Rahmen halten und nicht eine gesamte Story bestimmen. Dank deiner Andeutungen bin ich jetzt sehr gespannt in welche Richtung sich die Serie zukünftig entwickeln wird.
Hinzufügen möcht ich noch, dass ich Gewalt an Kindern grundsätzlich nicht brauche. Obwohl mich eine Szene wie bei der Nacht des Hexers jetzt auch nicht großartig gestört hat. Allerdings ist dies immer ein schmaler Grat und sollte nicht übertrieben werden.
Ich finde der Heftroman insbesondere Zamorra und John Sinclair braucht keine allzu heile Welt. Dafür sind Soap-Serien da. Ich liebe es realistisch. Es kann gar nicht realitisch genug sein. Dazu gehört auch dass Kinder nicht vor jedem Unglück automatisch geschützt sind. Man muss mit diesem Thema aber auf alle Fälle vorsichtig umgehen. Leider erfährt man auch in den Nachrichten und Tageszeitungen immer mal wieder und leider viel zu oft, schockierende Nachrichten zu diesem Thema. Was die Hauptpersonen und Nebenfiguren der Serien betrifft, dürfen diese ruhig immer mal wieder richtig leiden. Dazu gehören auch Schicksalsschläge und eventuell auch der Tod einer lieb gewonnen wiederkehrenden Figur. Auf diesem Gebiet ist für mich die Sinclair-Serie eigentlich immer noch zu zahm. Mir hat bekanntermaßen auch die Rückkehr der verstorbenen Sheila Conolly nicht gefallen. Ich hab es aber letztlich hingenommen. Mit Dylan McMour wurde kürzlich in der Zamorra-Serie eine meiner Lieblingsfiguren gemeuchelt. Da habe ich aber keine Probleme mit. So ist das Leben halt. Deswegen sollte auf die Serienfiguren ruhig genug Mörderisches zu kommen.
__________________ Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von Sinclair am 09.10.2020 14:21.
Nordsee oder Ostsee? - Hauptsache Meer !
Lieblingsfußballvereine: FC Schalke 04, Holstein Kiel, SV Meppen, FC Hansa Rostock, VfB Oldenburg, VfB Lübeck, Kickers Emden
Sympathien für VfL Osnabrück und FC Erzgebirge Aue.
Also grundsätzlich sollten keine Themen verboten werden, IMHO. Eine Geschichte ist eine Geschichte, da sollte es keine Beschränkungen geben. __________________
Bei JS kommen viele Sachen zusammen, Horror, Fantasy & Krimi - ich finde nicht dass die Serie in nur ein Genre passt. Neben den ganzen übernatürlichen Sachen gibt's ja noch eine gewaltige Portion Realismus: Scotland Yard gibt es, London gibt es, in einem Band wurde mal der Brexit erwähnt... da gibt es natürlich auch schlimme Verbrechen die von Menschen begangen werden.
Da John nun mal zur Polizei gehört, wäre es sehr seltsam wenn solche Fälle gar nicht vorkommen würden.
Auf der anderen Seite habe ich natürlich auch keine Lust seitenlang über Verbrechen gegenüber Kindern zu lesen, aber wenn das Thema zu dem Fall gehört ist das nunmal so - dass kann man dann allerdings als Nebenhandlung oder per indirekten Nacherzählung erwähnen, das braucht man dann nicht über den ganzen Roman ausschmücken.
John: "Gelsenkirchen"
Glenda: "Was ist das für eine Stadt?"
John: "Ich habe [...] mir sagen lassen, dass es dort die hübschesten Mädchen geben soll.
Denn dort erschuf der Liebe Gott die Mädchen aus dem Kohlenpott."
Das sind für mich eindeutig 2 paar Schuhe. __________________
Beim fiktiven Umgang mit erfundenen Figuren darf es ruhig hart zur Sache gehen. Ich mag es, geschockt und tief getroffen zu werden. Den Nervenkitzel, wenn keine Figur sicher ist und ich jederzeit mit ihrem Tod rechnen muss. Man darf es natürlich nicht übertreiben. Es muss realistisch bleiben und nicht wie im Comic sein, wo der Figur erst ein Klavier auf den Kopf fällt, es dann beim Wegtorkeln vom Auto überfahren wird, um mit letzter Kraft in ein Wasserbecken mit Piranhas zu fallen.
Alltagsprobleme oder realistischer Bezug ist bei mir schon problematischer. Ich will bei einer Horrorserie nicht zu viele zwischenmenschliche Probleme sehen. Bis zu einem gewissen Grad erhöht das die Glaubhaftigkeit und macht die Figuren greifbarer. Es darf aber keine Soap werden, die Monsterjagd sollte immer noch im Vordergrund stehen.
Realistischer Bezug sollte wenn überhaupt mit viel Fingerspitzengefühl angegangen werden. Ohne die eigene Meinung des Autors. Auch wenn es um realtiv klare Themen wie Trump, Flüchtlingshilfe oder Klimaprobleme geht. Ich möchte kein Propagandappamphlet lesen, sondern mich unterhalten lassen. Der Realität ein kurzes Stück entfliehen und keinen Nachhilfeunterricht in problematischen Sachverhalten bekommen.
Wenn ich mich jetzt auf Hilleberg beziehe, dann übertreibt er gerne oder hebt zu oft den persönlichen Zeigefinger. Auch wenn sich unsere Ansichten überschneiden, ich mag das nicht. Er vergisst mir zu oft, dass wir hier immer noch das Medium Heftroman haben. So düster man den auch schreibt, es gibt gewisse Dinge zu beachten. (Ich lese gerade Hilleberg aktuellen Roman seit Dienstag und bin immer noch nicht durch, weil es wieder an den Punkten "übertriebene Dramatik" und "Heftromangenre auf Zwang modern machen" hakt)
https://gruselroman.fandom.com/de
Aktuelle Lesereihenfolge:
1. John Sinclair
2. Maddrax
Ich finde den Begriff "Heile Welt" schon allein irreführend, denn die kann meines Erachtens nur existieren, wenn alle Fragen des Lebens ausgeklammert oder schöngefärbt werden. Eine heile Welt passt dann auch eher zum Bergdoktor oder zur Schwarzwaldklinik.
Handelt es sich um einen Heftroman in Sachen Grusel oder Science Fiction, entsteht der heile Welt-Gedanke in erster Linie durch die Nostalgie des Lesers und nicht etwa im Medium.
Es sollte eine Abwägung sein, Hillebergs Ausgangsbegriff der "heilen Welt" kann ich dabei schon von Beginn an nicht teilen. "Heile Welt" gehört in die Volksmusik- oder Schlager-Ecke, von mir aus auch in den Heimat-Heftroman (obs den noch gibt, entzieht sich meiner Kenntnis). __________________
Was Sinclair angeht, gings auch in den alten Zeiten nicht immer zimperlich zu. Da flogen schonmal Köpfe, heftige Wunden und Folterung gingen vonstatten, aber es blieb im Rahmen. Sogar Kinder bzw. Jugendliche starben, aber als absolute Ausnahme. Vielleicht ist das der Effekt, den Das Gleichgewicht immer wieder gerne einmal zitiert.
Es ist natürlich pure Geschmackssache, ich habe, wie an anderer Stelle geschrieben, nichts gegen Gewalt einzuwenden, wenn es dem Verlauf der Geschichte dient, wenn es eine Rolle spielt in bestimmtem Kontext, vielleicht auch noch, wenn es "motiviert" ist, erklärbar, nachvollziehbar.
Absolutes No-Go sind aus meiner Sicht aber seitenweise detaillierteste Beschreibungen blinder, orgiastischer, viehischer, aus reiner Geilheit an der Vernichtung hingeschmierter Blut-, Metzel- und Vernichtungsszenarien. Es bringt die Geschichten nicht weiter, es dient keiner Entwicklung von Figuren und ist in den meisten Fällen auch nicht erklärbar (zumindest nicht überzeugend). Völlig egal, welcher Autor, aber...das brachte Dark früher meiner Meinung nach wesentlich besser hin.
Was Themen wie Kindesmissbrauch, etc. betrifft: Es gehört zur Realität, sicher, aber seien wir ehrlich - seit wann ist der Heftroman realistisch? Man könnte jetzt schon darüber diskutieren, dass eine Serie wie Sinclair schon nicht den Anspruch haben kann, realistisch zu sein. Dazu wurde und wird mit Stereotypen, Zufällen, etc. nur so um sich geworfen. Es ist Unterhaltung, nicht mehr und nicht weniger. Viele haben diese Serie geliebt (und lieben sie noch immer), weil es prinzipiell das recht einfache Prinzip "Gut gegen Böse" war und sein sollte. Die Welt da draußen, die reale Welt, ist schon fordernd genug. Sich davon für ein paar Stunden unterhaltsam abzulenken, darin bestand mal der Sinn. Das muss keine "heile Welt" sein, aber es muss auch nicht so sein, dass einem jeder Schrecken von jen- auch diesseits des Titelblatts schon wieder unmittelbar begegnen muss.
Talent is a flame. Genius is a fire...