Fakten, die in Heften lauern

Kaum zu glauben – mancher mag sagen „Kaum zu fassen“ – aber der inzwischen sechste Teil von MUSGRAVE ist erschienen! „Geister, die in Wänden lauern“ kam am 27. April in die Läden und ich kam ein paar Tage später ins Facebook. So kann’s gehen.

Wie immer verbirgt sich einiges an Hintergrundrecherche, Eastereggs und dezenten Ellenbogenstößen im Heft. Darum – los geht’s!

(Könnte milde Spoilerchen enthalten)

Es geht eigentlich gleich gut los: Die junge Frau, der wir in der ersten Szene begegnen – und, in gewisser Weise, später nochmals – ist Kate Durkee. Ihren Namen habe ich mir von einer realen Person geliehen. Die echte Kate wurde allerdings nicht ermordet. Ganz im Gegenteil: Sie war eine der Personen, die angeblich Opfer des „Devil in the White City“ wurden; aber quicklebendig waren.

Der Mörder, der eine Inspiration für das Heft lieferte, war Henry Howard Holmes.
Er gilt bis heute als einer der „schlimmsten Serienmörder aller Zeiten“. Wie auch immer man das definieren möchte. Tatsächlich war er aber in erster Linie ein notorischer Betrüger, Lügner und ausgemachter Windbeutel. Neben Kate Durkee behauptete er noch diverse andere Menschen ums Leben gebracht zu haben, ohne dass den Leuten ein einzelnes Haar gekrümmt worden wäre.
Wie Eliza richtig anführt, kann man Holmes „nur“ (sehr große Gänsefüßchen) mit etwa sechs Morden in Verbindung setzen, die er wahrscheinlich begangen hat – darunter seine ehemalige Geliebte Julia Smythe und deren Tochter Pearl Connor – nachweisen noch weniger.

Neben diesen wahrscheinlichen Taten gibt es die Morde an Benjamin Freelon Pitezel und drei von dessen Kindern: Alice (13), Nellie (9) und Howard Robert (7).
Gemeinsam mit Pitezel wollte Holmes einen Versicherungsbetrug begehen, indem die beiden Männer Pitezels Tod vortäuschten. Holmes machte jedoch Ernst. Dieser ist der einzige Fall, für den konkret er angeklagt wurde.

Nachdem man Holmes fasste und ihn ins vorletzte tiefste Loch warf, dessen man habhaft werden konnte, ging seine „Show“ erst richtig los. Holmes begann sich zu einem wahren Monstrum zu stilisieren (als ob seine realen Taten nicht schon schlimm genug gewesen wären) und die Yellow Press feierte Sternstunden. Aus einem betrügerischen kleinen Mann mit großem Ego und ohne Gewissen wurde so schnell der zitierte „Devil“, der während der Weltausstellung in Chicago eine regelrechte Spur des Blutes hinter sich hergeschleppt haben müsste. Inklusive eines „Mord-Schlosses“ das es nie gegeben hatte.

Wiki liefert hierzu ausführliche Artikel:

https://en.wikipedia.org/wiki/H._H._Holmes

https://de.wikipedia.org/wiki/H._H._Holmes

Gut aufgearbeitet ist der Fall auch auf dem Kanal „Well, I never“.
https://www.youtube.com/embed/pEpBXnrk-4U

H.H. Holmes war jedoch nur ein kleines Rädchen im Hintergrund von „Geister, die in Wänden lauern“.
Einen anderen Holmes erwähnt Tobias Graham: Sherlock Holmes und „Der Daumen des Ingenieurs“!

Ich, als bekennender Fan von (Sherlock) Holmes, amüsierte mich köstlich, als ich diese Kurzgeschichte das erste Mal anhörte und darin exakt eine Falle vorkam, wie ich sie im Heft verarbeiten wollte. Gilt das dann als Inspiration oder als „Zwei Dumme, ein Gedanke“? 😉

Überhaupt gab es reichlich literarische Kleinigkeiten, die ich einfließen lassen konnte.
Da wäre z.B. Eel Marsh House, aus Susan Hills „Die Frau in Schwarz“, das Pate stand für South Marsh House. Das Buch hat mich, als ich es vor Jahren gelesen habe, derart erwischt – ich kann es gar nicht erklären. Es ist eigentlich nicht so gruselig, aber ich war tagelang verspukt

Natürlich kam auch wieder ein Augenzwinkern in Richtung der unnachahmlichen Dame Agatha Christie mit an Bord. So habe ich den Zettel in der Vase mit den Fidibussen aus „The Mysterious Affair at Styles“ (1920, deutsch: „Das fehlende Glied in der Kette“) stibitzt und Rogers Namen aus „The Murder of Roger Ackroyd“ (1925 bzw. 1926, deutsch: „Alibi“). Auch Linnet hat ihren Namen nach einem Christie-Charakter erhalten. In dem Falle nach der lieblichen Linnet Ridgeway aus „Death on the Nile“ (1937, deutsch: „Der Tod auf dem Nil“)

Ich nerde, ich weiß.

Mich hat es aber nicht nur zwischen die Seiten großer Klassiker verschlagen, sondern auch zu ganz realem Spuk – je nachdem, wie man es sieht 😉
Die Heimsuchungen der Borley Rectory haben sich so abgespielt, wie Harker sie beschreibt. Inklusive zugemauertem Küchenfenster:

https://de.wikipedia.org/wiki/Borley_Rectory

Einmal eine Episode zu schreiben, die im begrenzten Feld eines Gebäudes spielt, das man nicht verlassen kann, hat mich schon länger gereizt. Ich vermute, dass ich auch in anderen Folgen noch einmal (oder zweimal) darauf zurückkommen werde.
Dabei hatte ich auch immer Horrorfilme meiner Jugend [Vatti erzählt von früher...] im Hinterkopf, in denen zunehmend blutgesprenkelte Helden durch die Kulisse flitzen und nach und nach wegsterben. Bloß dass diesmal nach und nach die Bösen wegsterben.

Ich hoffe, euch hat das Lesen mindestens solchen Spaß gemacht, wie mir das Schreiben 😉

Wann Teil 7 euch erreicht, weiß ich sogar schon – spanne euch aber noch etwas auf die Folter.
Jetzt kremple ich erstmal die Ärmel hoch und arbeite an Teil 8 weiter. Am Wochenende darf dann wieder Leserpost verpackt werden. Eine Aufgabe, die ich sehr liebe.
Danke auch an dieser Stelle nochmal an alle, die die Serie unterstützen, nette Kommentare schreiben, Sternchen verteilen oder so nette Sachen fragen wie: „Kann ich das signiert haben?“
Ich würde euch ja allen Herzen schicken, aber man sagte mir, das Versenden von Organen mit der Deutschen Post ist illegal.

Yours truly
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"Während der Roman noch googelt und Bücher wälzt, um sicher zu sein, dass das was er vorhat auch sein kann, tritt der Heftroman einfach die Tür ein."

#InsideMusgrave