Aldous Brisbane begibt sich auf der Kamschatka über den Seeweg nach New York. Dass er die untere Koje der Kabine 105 gebucht hat, scheint die Besatzung nicht gerade glücklich zu machen. Bereits bei seiner Ankunft zeigt sich der Steward Robert geschockt, will aber nicht mehr erzählen. Außer einem alten modrigen Geruch in der Kabine fällt Brisbane erst einmal nichts auf. __________________
Auch die obere Koje scheint belegt zu sein. Brisbanes Mitreisender stößt erst spät Nachts zu ihm und damit beginnen die Probleme. Der Mann macht Geräusche, als würde es ihm nicht gut gehen und öffnet scheinbar das Bullauge ohne es wieder zu schließen. Das geht so weit, dass er sogar nachts panisch aus der Kabine rennt. Aldous Brisbane bildet sich seine Meinung zu dem seltsamen Kauz, aber macht sich weiter keine Gedanken. Auch als der Schiffsarzt ihm erzählt, dass bisher jeder Passagier, der in der oberen Koje geschlafen hat, von Bord gegangen ist, glaubt er nicht an mehr als einen komischen Zufall. Erst als er erfährt, dass sein Mitpassagier spurlos verschwunden ist, läuten ein wenig die Alarmglocken. Wer macht dann in der oberen Koje diese kränkelnden Geräusche und öffnet immerzu das Bullauge? Trotz aller Bemühungen bleibt es nicht verschlossen und geht von Geisterhand auf, kaum dass er eingeschlafen ist. Als es Brisbane zu viel wird und er in der oberen Koje nach schaut, ergreift ihn ein glitschiger Arm mit eisenhartem Griff. Brisbane kann sich befreien und sieht eine schattenhafte Gestalt aus der Kabine fliehen, die aber am nächsten Morgen niemandem aufgefallen ist.
So fasst er einen Entschluss. Unter der Aufsicht des Kapitäns lässt er vom Schifsszimmermann die Kabine auseinander nehmen und untersuchen. Doch kein einziger Hinweis auf verstecke Türen oder lockere Bullaugenscharniere kann gefunden werden. Gemeinsam mit dem Kapitän will Brisbane nun eine Nacht in der Kabine verbringen um sicher zu stellen, dass er nicht wieder einschläft. Er zweifelt noch immer an einen paranormalen Spuk. Als er und der Kapitän aber sehen, wie das Bullauge sich von Geisterhand öffnet und die beiden einer Attacke des unheimlichen Bewohners der oberen Koje gerade so mit dem Leben entkommen, ist er überzeugt. Die Tür zu Kabine 105 wird vernagelt, niemand soll dem Spuk mehr zum Opfer fallen.
Wie erwartet eine simple Spukgeschichte. Zwar nach Schema F, durch das ungewöhnliche Schiffs-Thema aber durchaus interessant. Die Geräuschkulisse auf hoher See macht hier einiges aus und auch die Musik ist wieder richtig einprägsam. Wie immer bin ich mit den Sprechern zufrieden, nur Jürgen Thormann ist mir als Synchronsprecher einfach zu bekannt, da muss ich dauernd an Batman oder X-Men denken.
Durchgängig ein Hörspiel im überdurchschnittlichen Bereich, also. Keine großen Überraschungen, aber atmosphärisches Hörvergnügen. Einziger Kritikpunkt: Man erfährt am Ende nicht, was nun hinter dem Spuk in der oberen Koje von Kabine 105 steckt. Geistergeschichten ohne Aufklärung gefallen mir nicht so. (7 von 10 Punkten)
https://gruselroman.fandom.com/de
Aktuelle Lesereihenfolge:
1. John Sinclair
2. Maddrax
Zur Ehrenrettung sollte man vielleicht anbringen, dass das literarische Vorbild von Francis Marion Crawford bereits 1894 erschienen ist, zu einer Zeit also, zu der es das zitierte "Schema F" noch gar nicht gab und man es der Erzählung nicht anlasten konnte. Die Geschichte von Crawford gibt übrigens auch keine Erklärung, welche Ursache die Heimsuchung von Kabine 105 hatte - nur eben, dass dort ein unheimliches Wesen haust. Vielleicht konnte der Autor auch keine Erklärung anbieten, weil es keine gab...
__________________
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene