Ein Roman mit einem der prägnantesten Anfangssätze und generell ein sehr untypischer und ausgefeilter Gruselroman mit ungewöhnlichem Schauplatz und einem weiteren Einblick in die Schwarze Familie. Ganz feiner Dämonenkiller-Stoff...
__________________
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene
Mehrere Menschen haben unabhängig voneinander an verschiedenen Orten auf der Welt übernatürliche Erlebnisse, bei denen sie…sterben und ihr Bewusstsein an einen anderen Ort verlagert wird? Keine Ahnung. __________________
Nach den Rudolf Speyer Abenteuern wird für den Serienhelden jetzt der Freimaurer-Strang aufgenommen. Dorian wird mal fix in den mystischen Orden aufgenommen und erfährt ihr ganz besonderes Geheimnis. Bei dem Ritual geht etwas schief – oder war das beabsichtigt? – und Dorians Bewusstsein landet wie die Menschen vor ihm in der Schwärze. Oh toll, eine Gruppe verschiedener optisch und charakterlich bunter Charaktere, jeder mit seinem eigenen Tick, die ein Abenteuer überstehen müssen. Sowas schreibt Ernst Vlcek gerne. Mich interessiert das Konzept nicht, weil ich einfach keine emotionale Bindung zu solchen Hanseln auftauchen kann, die nur einmal für diesen Band auftauchen. Dann stirbt eben wie üblich die Hälfte im Laufe des Romans weg, wen interessiert’s. Hauptsache Dorian überlebt. Mir fehlen hier auch irgendwelche Autorentricks, um mir die Gruppe schmackhaft zu machen. Die sind jetzt halt da, jeder bekommt eine archetypische Beschreibung und seine Dialoge verpasst, fertig. Dazu die üblichen Reiberein zwischen den Figuren.
Hinter allem steckt offenbar Hekate als neue Plotgegnerin. Natürlich. Während die anderen des Todes bzw. schon tot sind, soll Dorian vorerst überleben. Er wird von der Gruppe getrennt, die ungleichen Menschen müssen sich allein durchschlagen. Sie teilen sich ungewollt auch schnell auf. Um der Handlung noch das Element des Rätselratens zu verpassen, ist einer der Menschen in Wirklichkeit ein Dämon und spielt ein doppeltes Spiel. Auch das kennt man von Ernst Vleck zur Genüge und packt mich längst nicht mehr.
Dorian trifft dann als erstes wieder auf die junge hübsche Frau der Gruppe, natürlich. Er befreit sie heldenhaft aus einer Notlage und beschützt sie dann. Das waren noch die Zeiten, als man beiläufig einer Fremden auf die Nase küssen konnte, ohne dass es unverschämt oder „creepy“ wirkt. Dorian ist halt der starke Kerl, auf den die Weiber stehen.
Obwohl Hekate hinter allem steckt, ist irgendwie auch Olivaro involviert, der sich dem Dämonenkiller offenbart. Eine Stelle ist dabei sehr interessant. Olivaro gab sich ganz ruhig. Nichts zeigte an, dass er erregt war oder dass Dorians Worte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht hatten. Er hatte sich vorzüglich in der Gewalt. Emotionslos wie immer fuhr er fort.. So wurde Olivaro damals eingeführt, richtig. So hätte man das auch durchziehen sollen, aber inzwischen ist er leider nicht mehr der stoische und emotionslose Dämon. Plötzlich nun doch wieder? Er dient hier nur als Infogeber. Hekates Krönungszeremonie steht nämlich an. Keine Ahnung, warum das bei Olivaro als bekannten respektierten Dämon so ein Krampf war und über mehrere Romane gedauert hat und bei der Nicht-Dämonin Hekate plötzlich so schnell geht. Wie es die Autoren gerade brauchen. Dorian soll zum feierlichen Anlass sterben. Diesmal gibt es für Sie keine Rettung, denn Sie selbst haben sich in diesen Teufelskreis manipuliert. Sie haben Ihr Schicksal besiegelt, als Sie an der Séance dieser lächerlichen Freimaurer teilnahmen. Sie haben sich Hekate in die Hände gespielt. Denn die Séance fand in jenem Augenblick statt, als die Konstellation der Gestirne am günstigsten war. Es stimmte alles überein. Selbst ein Adept der schwarzen Magie hätte in diesem Moment Ihr Schicksal bestimmen können. Also ist Dorian nur wegen dem riesigen Zufall hier, dass das Ritual der Freimaurer gerade in diesen Minuten stattfand? Toll.
Durch Olivaros Warnung ist Dorian im Bilde und bereitet sich auf die bevorstehende Konfrontation vor. Nebenbei enthüllt er, wer der Dämon unter den Menschen ist. Es handelt sich um einen Oppositionsdämon und wie eine richtige Opposition sind die grundsätzlich am Meckern. Egal ob Asmodi, Olivaro oder Hekate an der Macht ist. Dieses Mal soll also das Alraunenwesen aufgehalten werden.
Es sieht schlecht für Dorian und die anderen Menschen aus. Wie sollen sie diesem Sabbat entkommen? Als Retter in der Not zeigt sich die Essenz von Faust, der Mephisto letztendlich im Tode doch noch entkommen konnte. Sein Wissen gelangte über Umwege an die Freimaurer. Dies ist also ihr Geheimnis. Faust muss nochmal kurz weg, aber zur rechten Zeit und am rechten Ort werde ich wieder bei Euch sein.
Zum Finale wird die Gruppe nach Stonehenge transportiert, wo sie sterben sollen. Da kann der Autor mal wieder den üblichen Schwarzen Sabbath beschreiben, mit allem was immer dazu gehört und inzwischen nicht mehr den Schockeffekt für mich hat. Der Oppositionsdämon scheitert beim Attentatsversuch an Hekate. Doch das bleibt ihr einziger Erfolg in dieser Nacht. Durch die Hilfe des Dr. Faust entkommen Dorian und die Menschen dem Sabbat unbeschadet, denn er beschützt sie. Außerdem hat er Dorian genaue Instruktionen gegeben, wie er Hekate mit einem fiesen Trick schwächen kann. Der nächste Gegenspieler beißt sich am Dämonenkiller die Zähne aus, als er publikumswirksam getötet werden soll. “Ihr könnt mich jederzeit anrufen, Georg“, sagte Fausts Geist. „Wann immer Ihr Probleme habt, die Ihr allein nicht bewältigen könnt.“ Toll, da gibt es neben Phillip und dem Gesichtstattoo nun ein weiteres Mittel, um Plots aus der Sackgasse zu schreiben. Ich lasse mich aber gern überraschen, wenn Faust auch interessanter eingesetzt wird.
Schade, dass ich kein Fan von Ernst Vlkecs Art bin, den DK zu schreiben. So bleibt für mich nicht viel übrig. Ganz ehrlich, ein Großteil des Romans hat mich einfach nicht interessiert. Es ist hauptsächlich eine Bühne für „vlkec’sche“ Szenen und Beschreibungen. Eine Gruppe Leute, die mich nicht im Mindesten kümmern, schreiten durch ein dunkles unterirdisches Gebiet und werden mit verschiedenen Dingen konfrontiert. In der zweiten Hälfte des Romans ändert sich wenig. Viele Beschreibungen und Begegnungen, nur wenige Enthüllungen. Hekate steckt hinter allem, toll. Olivaro labert ein wenig mit Dorian, greift aber nicht ein und verschwindet dann wieder, toll. Wieder mal ist ein Oppositionsdämon involviert, die sind nach Asmodi und Olivaro nun auch gegen Hekate. Wie überraschend, toll.
Das Finale auf Stonehenge ist dann schon spannender für mich. Ok, der Autor beschreibt den üblichen Schwarzen Sabbath. Auch hier muss man Fan von Vlkecs Beschreibungen sein. Hekate erleidet einen Rückschlag, wie Asmodi und Olivaro zuvor. Das gleiche Spiel wie immer, extrem austauschbar. So viel Potential durch interessante Gegenspieler, das aber nicht ausgenutzt wird. Dr. Faust ist der einzige Punkt, an dem mich nichts zu meckern habe. Überraschender Auftritt, sinnige Erklärung, wie üblich viel Potential. Wobei ich auch hier vermute, dass es zukünftig nicht voll ausgeschöpft wird.
Ein SCHLECHT will ich nicht vergeben, obwohl der Roman streckenweise extrem öde für mich war. (5 von 10 Freaks)
Während Ernst Vlcek vor allem durch seine "Beschreibungen der Schwarzen Familie" punkten kann und ich sonst wenig Grund zur Verehrung sehe, glänzt Neal Davenport für mich weiterhin auf Story-Ebene. Vielleicht sind seine Darstellungen nicht so markant und bildhaft, aber das ist mir egal. Jetzt sind erstmal die "Gastautoren" wieder dran.
https://gruselroman.fandom.com/de
Aktuelle Lesereihenfolge:
1. John Sinclair
2. Maddrax