Band 44: Der Mensch aus der Retorte
"Nicht einmal zu den Feiertagen hat man Urlaub", beschwerte sich einer der drei Männer, die in dem einsamen Landhaus eine umfangreiche Bibliothek auf Wertgegenstände durchsuchten. "Sei still!" rief ihm der zweite Mann zu. "Wir müssen froh sein, daß so viele Leute zu Weihnachten verreisen. Dadurch können wir ungestört arbeiten." "Redet nicht so viel", mahnte der dritte, "arbeitet lieber. Hinter jedem dieser Bücher kann ein Marmeladenglas mit Ersparnissen stehen oder eine Schmuckschatulle oder sonst etwas Wertvolles." Die Aussicht auf eine reiche Beute trieb die drei Männer an. Buch um Buch zogen sie ein Stück aus dem Regal, um dahinter blicken zu können. Immer wieder wurden sie enttäuscht. Sie waren mit ihrer Suche fast am Ende angelangt, als der erste sich wieder zu Wort meldete. "Komische Bücher sind das! Hört mal, hier habe ich etwas Seltsames gefunden!" Und er las laut eine Stelle eines Buches vor. Zuerst wollten seine Komplicen ihn zur Eile mahnen, doch bereits nach den ersten Worten verhielten sie sich still, standen starr und lauschten angespannt. Der Text war nicht lang und in einem altertümlichen Stil abgefaßt, der es ihnen schwer machte, den Inhalt zu verstehen. Es handelte sich um einen Schwur, der an ein mächtiges Wesen geleistet werden mußte, mehr begriffen sie nicht. Als ihr Komplize schwieg und das Buch zugeklappt auf einen Tisch legte, geschah etwas Merkwürdiges mit ihnen. Sie traten an den Tisch heran. Jeder von ihnen legte seine Hand auf das Buch, und dann nannten sie laut und feierlich ihre Namen.
Autor: M.R. Richards (= Richard Wunderer)
Titelbild von Hans-Joachim Lührs
Erschienen am 10.05.1976
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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene