Band 45: Unsichtbare Fesseln
Über Lakeside Mansion tobte ein Herbstgewitter, das den alten Bau des Herrenhauses in seinen Grundfesten erschütterte. Es war eine Nacht, in der sich die meisten Menschen in ihre Wohnungen einschließen und es genießen, nicht nach draußen zu müssen. Doch dann gab es Menschen, zu denen die Angst kam in dieser Nacht, für die das Krachen und Rollen des Donners und das grelle Zucken der Blitze nicht prickelnd angenehm war, sondern wie eine Warnung aus dem Jenseits schien, eine Warnung vor Tod und Grauen. Auf Lakeside Mansion gab es einen solchen unglücklichen Menschen. Patricia Montford, die in dieser Nacht noch in den Teufelskreis dämonischen Wirkens gezerrt werden wollte, einen Teufelskreis, aus dem es kein Entrinnen gab.
"Ich habe Holz im Kamin nachgelegt, Madam", sagte Henry und wartete darauf, daß ihn Patricia Montford entließ. Seit dem Tod ihrer Mutter war sie die Herrin von Lakeside Mansion, somit die Hausfrau, und wurde von Henry, dem Butler, mit "Madam" angesprochen. Sie war eine zu allen Menschen liebenswürdige Schloßherrin, weshalb der Butler sofort merkte, daß etwas nicht mit ihr stimmte, als sie nicht antwortete. Sie stand mit dem Rücken zu dem Salon und starrte durch die hohen Scheiben in die sturmdurchtoste Nacht hinaus. Soeben schlug ein feurig greller Blitz in einen der Bäume des Parks ein. Butler Henry schrak zusammen, als der Donner unmittelbar darauf mit betäubender Lautstärke das Schloß zum Zittern brachte. Patricia Montford rührte sich nicht, als habe sie den Blitz kommen gesehen und wäre schon vorher gewarnt gewesen. Doch wenige Sekunden später, als es im Park bereits wieder dunkel geworden war, richtete sich sich ruckartig auf, preßte ihr Gesicht an die Scheibe und winkte den Butler zu sich.
Autor: M.R. Richards (= Richard Wunderer)
Titelbild von Hans-Joachim Lührs
Erschienen am 24.05.1976
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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene