@Wynn __________________
Gibt es bei der Erzählung Jäger der Finsternis irgendwelche Erfahrungswerte beim Vergleich der Insel/Suhrkamp-Übersetzung und jener bei Festa?
Die Werkausgabe der Edition Phantasia vermeldet hierzu:
"'The Haunter of the Dark' gehört zu den wenigen Erzählungen Lovecrafts, die der unvergessene Hans Carl Artmann übersetzt hat, ein Sprachkünstler hohen Ranges. Artmann hat sich aber zuweilen auch beträchtliche Freiheiten genommen und entfernt sich zuweilen sehr stark von seinem Original. Auch kürzt er regelmäßig ganze Sätze und Satzteile, die ihn nicht interessierten. Wir haben die fehlenden Passagen im allgemeinen ergänzt, aber sonst in Artmanns Übersetzung nicht eingegriffen, auch wo sie sehr weit vom englischen Text entfernt ist."
So schön und engagiert die EP-Ausgabe auch ist, aber eine Werkausgabe sollte sich aber schon so nah wie möglich am Originaltext orientieren.
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene
So weit ich informiert bin und das selbst überblicke, entspricht die Ausgabe von Körber nahezu der von Suhrkamp. Anpassungen wurden zwar vorgenommen, die sind aber minimal. Leider liegt mir die ungleich teure EP-Ausgabe nicht vor, als das ich da Vergleiche ziehen könnte. Aber auch, wenn diese nicht so teuer wäre, bräuchte ich sie eigentlich nicht, weil mir dann ja die von Suhrkamp vollauf genügt.
Das Problem aber ist: Während Festa zwar nahe am Originaltext bleibt, ist die Übersetzung gegenüber der von Suhrkamp (oder EP) trotz allem blutleer an manchen Stellen, weil eben ein "moderner Satzbau" bevorzugt wird. Es wäre fast wünschenswert gewesen, Körber hätte nachgebessert, wäre aber im für Lovecraft typischen Altertümlichen geblieben.
Wo kämen wir hin, wenn jemand Poe "modernisieren" würde? Es ist manchmal schon ein Elend mit den Übersetzungen.
Die EP-Ausgabe habe ich (natürlich aus Bequemlichkeit) nicht mit Insel/Suhrkamp verglichen, aber nachdem Marco Frenschkowski schon zugibt, dass es zu doch umfangreicheren Änderungen/Kürzungen zum Lovecraft-Original gekommen ist, erweckt es den Eindruck, dass der Festa-Übersetzer diese zurückgenommen beziehungsweise ergänzt hätte. Frenschkowski erkennt aber auch folgerichtig, dass __________________
"Die Atmosphäre von Lovecrafts Geschichten, sein sprachlicher Einfallsreichtum, aber auch seine üppige, verspielte Manieriertheit, dürfte kaum je in Deutschland so überzeugend eingefangen sein wie in [Der leuchtende Trapezoeder]."
und verweist auf die textkritische Ausgabe von S. T. Joshi bei Arkham House. So wichtig ist es mir dann aber doch wieder nicht, Original und Übersetzung Wort für Wort durchzukämmen. Und was die Lovecraft-Übersetzungen aus der "Bibiothek des Hauses Usher" und der "Phantastischen Bibliothek" betrifft, so bin ich mit der Arbeit von Rudolf Hermstein und Michael Walter vollauf zufrieden; lediglich bei "Stadt ohne Namen" hätte ich mir auch Hermstein als Übersetzer gewünscht.
Und richtig: Bei einem "klassischen" Autor brauche ich ganz sicher keinen "modernen Satzbau". Was wäre zum Beispiel Algernon Blackwood ohne Friedrich Polakovics, aber mit "modernem Satzbau"? Einfach nur
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene