Mit diesem Band liegt nun das Gesamtwerk in 6 Bänden vor. Ob man nun wirklich Lovecrafrt oder Smith für den besseren Erzähler hält - diese Bücher gehören in jeden Sammlung eines echten Horror/Dark Fantasy - Fans. Tatsächlich hat Lovecraft aus ganz anderen Gründen seine enorme Popularität erreicht. Smith ist selbstverständlich der bessere Stilist, aber wie so oft list das am Ende eine Geschmacksfrage, die nie eindeutig geklärt werden kann. Vielleicht so: Der "kosmische Horror" ist bei Smith völlig anderer und phantastischer Natur. Seine Stories wirken oft wie ein abartiger Drogenrausch. Michael Siefener - in unserer Phantastik-Szene ebenfalls kein Unbekannter, hat mit seiner Übersetzung hervorragende Arbeit geleistet
Eigentlich kann man Lovecraft und Smith nicht vergleichen, denn zumindest bei der Gewichtung der Themen haben die beiden verschiedene Schwerpunkte. Lovecrafts Fantasy kann man in einem Band zusammenfassen (was auch geschehen ist), während seine unheimlichen Erzählungen mehrere Bücher füllen; diese Geschichten passieren in der realen Welt. Natürlich könnte man dagegenhalten, dass es Arkham oder Innsmouth "nicht wirklich" gebe, aber man kann diese fiktiven Städte jederzeit gegen real existierende austauschen - das Ergebnis wäre das gleiche. Smith wiederum siedelt seine Geschichten in imaginären Welten an, ist auch dem Märchen näher, während jene, die in der Realität handeln, weit in der Unterzahl sind. Persönlich ziehe ich Lovecraft vor, weil ich mit Fantasy generell nicht allzu viel anfangen kann, aber Smith' Teichlandschaft mit Erlen und Weide/Genius Loci ist schon extrem unheimlich und gehört zu meinen Top 50-Gruselgeschichten.
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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene
Im Grunde stimme ich dir schon zu. Man darf aber nicht vergessen, dass sich "Fantasy" längst nicht auf die Tolkien-Klone festmachen lässt. Da hat sich viel getan und der Begriff selbst ist etwas schwierig geworden.
Smith schrieb das, was ich als eigentliche Fantasy sehe. Moorcock hat ähnliches geleistet (wenn auch nicht so poetisch). Ich mag meine Fantasy auch lieber "weird" oder Horrorlastig, oder sagen wir besser: atmosphärisch.
"Fantasy" habe ich für mich so definiert, dass es sich um Erlebnisse/Ereignisse handelt, die sich in nicht existierenden Örtlichkeiten (Ländern, Reichen - wie auch immer) abspielen. Hyperborea, Atlantis oder Sarnath sind und waren eben "erfundene Welten" mit keinerlei Bezug zur Realität. "Phantastische Literatur" ist für mich gleichbedeutend mit dem bereits zitierten "Riss in der Wirklichkeit" (Roger Caillois), in der das Unwirkliche/Unheimliche in das Leben das wir führen, die Welt, in der wir leben, eintritt. Was mit Prinzessin Almeena passiert, interessiert mich also weitaus weniger als die Erlebnisse von Mr. Murray an einem ganz bestimmten Teich. __________________
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene
Jemand hat den Clark mal eine Ein-Mann-Literaturbewegung genannt. __________________
Das beschreibt ihn sehr gut.
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@ Olivaro
Der angebliche "Riss" ist längst schon veraltet, weil er nicht haltbar ist. Philosophisch gesehen gibt es diesen Riss, in den das Phantastische einbricht, nicht. Es ist immer schon da. Die anglizistische Literatur kennt unseren Phantastik-Begriff nicht, da gehört auch Lovecraft zur Fantasy, die ja nichts anderes ist als Fiktion. Aber im Grunde geht es um Realität (siehe den Riss), die ja an sich schon nicht haltbar ist. Oder besser: nicht mehr. Man dachte ja durchaus lange genug, dass es eine Realität gäbe. Wirklichkeiten sind indes ja ohnehin etwas anderes.
Veralteter Riss? Nicht für mich, denn mehrere Realitäten kann ich mir a) schon finanziell nicht leisten und habe b) schon mit der einen genug zu tun. __________________
Und ein kleines Widerwort zur These der nicht-existenten "phantastischen Literatur" im anglizistischen Bereich: dort firmiert sie unter dem Begriff 'Weird fiction' - auch der Lovecraft. Jawoll!
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene
Oh nein... Weird Fiction ist nicht mit Phantastik gleichzusetzen, mein Lieber. Sicher, technisch betrachtet sind unter dem Schirm der Phantastik Science Fiction, Horror und Fantasy vereint. Das sind alles auch Eckpfeiler der Weird Fiction, aber letztere hat noch andere Spezifika. Aber lassen wir diese Korinthen mal beiseite, weiss ich freilich, was du meinst. Was die Fantasy betrifft: gerade die Urban Fantasy und die Dark Fantasy sind ja der Horrorliteratur am nächsten. Da gibt es meistens keine "Prinzessinnen" (auf die ich, ehrlich gesagt, auch keine Lust habe).
Eine Korinthe habe ich aber noch: die oben erwähnte "phantastische Literatur" sollte natürlich im Kontext mit der 'weird fiction' von Lovecraft zu verstehen sein, unter Hinzunahme der hübschen Teichlandschaft, die Smith so liebvoll mit Erlen und Weide gestaltet hat. __________________
Weil ich SF und Sword & Sorcery-Fantasy nicht lese, bezieht sich meine Definintion der "Phantastik/phantastischen Literatur" immer auf der Grundlage des Einbruchs in die Realität (meiner!), und das bezieht dann neben der klassischen 'ghost story' natürlich auch den "Magischen Realismus" mit ein, und eine besondere Vorliebe hege ich für die "psychologische Phantastik". Oft kann eine Erzählung, ein Roman gänzlich ohne den "Riss" oder "Einbruch" auskommen, aber von so intensiver Atmosphäre sein, dass sie auch ohne die gängigen Zutaten ganz und gar "phantastisch" sein kann - siehe zum Beispiel Bradburys "Löwenzahnwein" oder die Erzählungen von Fanny Morweiser. Es hat eben auch viel mit persönlichen Empfindungen und Ängsten zu tun; während sich einer schon beim Anblick eines verrufenen Hauses fürchtet, bekommt der andere erst seinen "Zustand", wenn er darin einem Gast aus dem Jenseits in die Arme läuft.
Aber Du hast es schon richtig geschrieben: Wir wissen auch ohne großartige Deutungsversuche, was der jeweils andere meint.
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene