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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene
Sehr kenntnisreich von Michael Görden zusammengestellt, der auf die Notwendigkeit einiger bekannter Standardgeschichten hinweist (was aber deren Qualität keinen Abbruch tut) und auch weiß, dass eine Anthologie mit diesem Titelanspruch das Dreifache des vorliegenden Umfanges haben müsste. Aber dass der Herausgeber dem Leser elf zu diesem Zeitpunkt deutsche Erstveröffentlichungen angeboten hat und zudem ein weites Spektrum der unheimlichen Phantastik zeigt, machen diesen Band zum absoluten Lesevergnügen. Zwar nicht streng chronologisch geordnet, zeigt sich während dieser literarischen Wanderung, dass die Gespenster immer weniger greifbar werden, je jünger die Erzählungen sind.
Die Beiträge von Stevenson ("Die krumme Janet"), Dickens ("Der Bahnwärter"), Stoker ("Im Haus des Richters"), Le Fanu ("Grüner Tee") oder Collins ("Das Traum-Weib") gehören zu den in Deutschland öfter anthologisierten Erzählungen, sind aber deswegen nicht schlechter als die weniger oder gar nicht bekannten Stücke.
Oscar Wilde ("Die Sphinx ohne Geheimnisse") scheint etwas deplaziert in diesem Themenband, während Wells' Beitrag eine recht unappetitliche Angelegenheit ist. Der älteste Beitrag ("Der freundliche Dämon") aus dem Jahr 1726 ist kaum mehr als eine literarische Skizze, die abrupt endet und nichts über das weitere Schicksal des heimgesuchten Dieners berichtet. Walter Scott ("Die Geschichte des Spielmannes") zeichnet vor allem eine schöne altertümelnde Übersetzung aus, während es bei Conan Doyle ("Der Boxkampf") auch mal etwas robuster zugeht. Conrad ("Das Biest") berichtet von einem bösartigen Schiff, während MacDonald ein frühes Beispiel einer Werwölfin beisteuert. Ein Hybrid zwischen Spuk und Realität stammt von Hodgson ("Das schreiende Kind"), die literarische Vorlage zu einem der berühmtesten Filme von DuMaurier ("Die Vögel"), und Kipling ("Das Zeichen des Tieres") erzeugt sowohl ein Lächeln wie auch eine Gänsehaut. Die rätselhafteste Erzählung stammt von David Herbert Lawrence ("Das letzte Lachen"), die mehrere Interpretationen und Deutungen zulässt. Hier wie auch bei Agatha Christie ("Der Ruf der Flügel") hat der Gott Pan seine Hufe im Spiel.
Fazit: Ein großartiges Lesebuch mit vielseitigen und anspruchsvollen Kabinettstücken der dunklen Literatur.
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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene