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Koenig




Dabei seit: 17.07.2013
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11.08.2020 19:04
Paul LaFarge - The Night Ocean
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The Night Ocean


Verfasst von Paul LaFarge


400 Seiten

Erschienen 2017

Penguin Press, New York


Ein Horror-Roman? Eigentlich nicht

Ein Buch über H.P. Lovecraft? Auch eher nicht

Und doch... von allem ein bisschen? Ja, durchaus. Jedoch so viel mehr.

Paul LaFarge treibt in seinem Roman The Night Ocean ein literarisches Verwirrspiel. Dabei werden historisch verbürgte Tatsachen mit Spekulationen verwoben und um komplett frei erfundenes ergänzt.

Erzählt wird die vielschichtige literarische Spurensuche aus der Sicht von Marina. Ihr Mann, Charlie, von Beruf Journalist, ist verschwunden, vermutlich hat er Selbsmord begangen.

Voraus geht dem ein Skandal, den er selbst - gänzlich unbeabsichtig - hervorgerufen hat. Behauptet er doch, er sei einem unbekannten Werk Lovecrafts auf die Spur gekommen, dem sogenannten Erotonomicon. In einer Art intimen Tagebuch schildert Lovecraft (real) seine Beziehung zu R.H. Barlow (ebenfalls real). Der Besuch Lovecrafts bei seinem (damals minderjährgen) Verehrer Barlow in Florida hat ebenso stattgefunden, wie die beiden tatsächlich zusammen Geschichten verfasst haben. Dabei sind die beiden sich dann auch auf andere Art nähergekommen (Spekulation). Im Erotonomicon nun wird deutlich, dass die Sprachschöpfungen aus dem Cthulhu-Mythos (also: Iä Shub-Niggurath! und weitere vertraute Formulierungen; allen voran: Yogge-Sotothen!) allesamt Chiffren für homosexuelle Handlungen zwischen dem jugendlichen Fan und dem zurückgezogenen Einzelgänger aus Providence darstellen. Ließe sich das beweisen: eine Sensation. Und Charlie ist der Meinung, er habe einen unwiderlegbaren Zeugen für die Authentizität dieser Behauptungen. Doch Charlie ist zu sehr gewillt daran zu glauben, ja, er meint sogar den längst durch Selbstmord verblichenen Barlow aufgespürt zu haben, dessen Identität sich sogar eindeutig belegen ließe. Kurz nach seiner Veröffentlichung stellt sich Charlies Präsentation als Lügengebilde heraus und die sorgfältig recherchierte Arbeit bricht wie ein Kartenhaus in sich zusammen und reißt ihren Urheber mit in den ruinösen Abgrund.
Marina begibt sich nun ihrerseits auf Spurensuche. Dabei stößt sie noch auf so manch weiteres Lügengeflecht (auch die eine oder andere Lebenslüge ist dabei). Und am Ende gibt es dann doch noch eine Art von Horror, der aber sehr viel weltlicher und somit erheblich tiefgehender als die kosmischen Phantasien Lovecrafts ist.

Was für ein Buch! LaFarge arbeitet hier mit dermaßen vielen doppelten und auch dreifachen Böden, das einem schon mal schwindelig werden kann. Geschickt auch, wie hier reale Personen und Begebenheiten mit in die labyrinthische Handlung eingeflochten wurden, man weiß das eine oder andere Mal nicht, wo die Fiktion endet und was sich tatsächlich so zugetragen hat. So stoßen wir auf William S. Burroughs (!), der einen bemerkenswerten Kurzauftritt hat. Zahlreiche Vertreter der US-Fan-Szene geben sich die Klinke in die Hand und auch Lovecraft-Biograph S.T. Joshi darf da nicht fehlen. Dieser Abschnitt ist vielleicht insgesamt ein wenig zu lang geraten (und nicht jeder der Altehrwürdigen kommt dabei unbedingt gut weg), aber dennoch sehr unterhaltsam.

Am Ende steht Marina weiter mit leeren Händen, doch um tiefgehende Erfahrungen reicher, da. Lovecraft ist dabei nur der Katalysator, der sich hier als zutiefst unglücklicher Charakter darstellt, der aber im Zusammentreffen mit Barlow dann doch ein wenig Zufriedenheit, Freundschaft und Liebe findet (unabhängig von Spekulationen über sexuelle Präferenzen, übrigens. Dafür is LaFarge viel zu souverän). Auf ihrem Weg traf sie mit jemandem zusammen, der aus der Lüge ein Leben gemacht hat. Das ist so ungemein berührend und plausibel, dass man schon Nachsicht verspürt, obwohl es vermutlich Marinas Mann das Leben gekostet hat.

Leider gibt es von diesem grandiosen Roman noch keine deutsche Übersetzung und es ist wohl auch erstmal keine in Sicht. Es sei dennoch empfohlen. Für Lovecraftologen gehört es fortan ohnehin zur Grundausstattung.

__________________
"Rosebud" C.F.Kane

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