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Langsam stürzt Björn Hellmark in das Blutsiegel des Molochos, in das ihn der Schwarze Priester Ontar Muoll vor seinem eigenen Tod noch stoßen konnte. Björn sieht während des langen Fallens eine Szene, die ihn tief erschüttert: Die schöne Prinzessin Osira (siehe MAC Nr. 42 und MAC Nr. 43) wird von einem Meuchelmörder kaltblütig enthauptet – oder ist dies nur ein grausames Spiel Molochos'? Björn kann es nicht sagen. Schließlich taucht er in das Blutsiegel ein – und erwacht als Chaster Morgan im 24. Jahrhundert! Der aber ringt nach einem Strahlenunfall im Weltraum mit dem Tod. __________________ Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von Shadow am 03.01.2018 11:58.
Kaum genesen, wird er zu einem Mordfall hinzugezogen, der für die Mordkommission zu mysteriös zu sein scheint. Fred Cassner, ein Millionär, wurde in seinem absolut gesicherten Haus tot aufgefunden. Ermordet mit einem »Flamberg«, einem sogenannten Flammenschwert, das von schwer bewaffneten Söldnern Ende des 15. Jahrhunderts getragen wurde. Das Mordschwert ist aber so neu, als wäre es erst tags zuvor geschmiedet worden! Und der Fall wird immer mysteriöser, als die Leiche des ermordeten Millionärs in der Obduktionskammer verschwindet – nur spärliche Reste von Chlorophyll blieben zurück, so, als wäre Cassner eine »Pflanze« gewesen!
Mit seinem »gewichtigen« Partner Frankie Lane begibt sich Chaster Morgan auf die Suche nach den Hintergründen des Falles. Je tiefer er in den Fall eindringt, umso undurchsichtiger und gefährlicher wird es für ihn. Als er auf einer fremden Welt endlich die ganze Wahrheit erfährt, wird ihm auch bewusst, dass er keine Gelegenheit mehr haben wird, sie jemandem mitteilen zu können ...
Meinung: Die Handlung dieses Romans könnte man getrost als »Science-Fiction-Krimi mit Gruselsplittern« bezeichnen. Dazu kommt noch recht viel Humor, wofür der Tollpatsch Frankie Lane verantwortlich zeichnet, der ständig beim Essen ist oder darüber redet. Ich frage mich noch heute, was denn »Rösteier« sein sollen, die er per Zufall entdeckt und vermarkten will ... Was bei diesem Roman in anderen Rezensionen aber übersehen wurde, ist, dass Jürgen Grasmück alias Dan Shocker beinahe ein Visionär war! Da ist einmal die Sache mit der Erderwärmung, die heute in aller Munde ist. Damals, im Februar 1977, als der vorliegende Roman erstmals über die Ladentische wanderte, gab es bereits einige Warner, aber die wurden großteils nur als Spinner bezeichnet. Jürgen Grasmück hat in seinen Romanen solche Themen immer aufgegriffen und sich nie gescheut, sie zu behandeln. Und das sollte ihm auch einmal als ein großes Verdienst angerechnet werden! Wenn hier die Erderwärmung auch von »Toms« Leuten provoziert wird, so reißt Dan Shocker doch bereits ein auf uns zukommendes mögliches Horrorszenario an.
Ein anderes aktuelles Thema der heutigen Zeit wird ebenfalls von ihm behandelt: die allgemeine Fernseh- und Computersucht. Als Chaster Morgan aka Björn Hellmark den »Gebundenen« gegenübersteht, erkennt er, dass diese Pflanzenwesen ihr jahrhundertelanges Leben in Bottichen verbringen. Um sie zu unterhalten, hat jede Pflanze einen eigenen Fernseher, mit dessen Programm sie berieselt wird, tagein, tagaus, Jahr für Jahr – ohne Unterbrechung! Was für ein Traum für unsere fernsehsüchtige Wohlstandsgesellschaft! Wäre das wirklich so ein Traum? Wohl eher ein absoluter Albtraum! Man stelle sich einmal vor: Man kann sich nicht bewegen und muss immer in die Glotze gucken, ohne die Möglichkeit zu haben, das Gerät ausschalten zu können – egal, welches Programm geboten wird. Ewig Werbung ansehen zu müssen, ewig nichtssagende Talk-Shows, ewig irgendwelche Serien, ewig die nach stets gleichem Schema ablaufenden Herz-Schmerz-Liebesschnulzen-Verfilmungen und dergleichen – für mich wäre das der wahre Horror! Ich glaube, dass Dan Shocker diese Entwicklung voraussah und hier auf seine Art den Lesern einen Spiegel vor die Augen hielt. Die heutzutage üblich werdende Medienlandschaft hatte er damals noch nicht so auf dem Schirm ...
Dan Shockers geniale Namensschöpfungen sind hier ebenfalls zu erwähnen, denn in diesem Roman hat er wieder einmal einige vergnügliche Gustostückerln untergebracht, die da wären: ein Captain Beverly (von Beverly Hills?), ein Altertumsforscher namens Professor Watchson (herrlich, diese kleine Verballhornung des Namens Dr. Watson, Sherlock Holmes' kongenialer Partner). Die Sitzas: Kugelförmige Wesen, über deren Namen man sich anfangs wundert, liest man dann aber, dass sie ihre Wohnstätten auf Tausenden von »Galgenbäumen« in Traubenform sitzend beziehen, ja dann ... Oder das eigenartig wirkende Wort für den Umformer im Weltall, genannt »Tragk«, das so ähnlich klingt wie Traktor, aber sicher nicht gemeint war. Ich denke, Dan Shocker hat die »tragische« Wirkung mit der Erderwärmung, ausgelöst durch dieses Gerät, eben aus dem Wort »Tragik« gebildet: Tragik ohne den Buchstaben i = Tragk! Fertig ist ein vollkommen fremd wirkendes Wort! Ich stelle mir Jürgen Grasmück alias Dan Shocker beim Tippen dieser speziellen Namen stets mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen vor ...
Detail am Rande: Interessanterweise ist es Dan Shocker gelungen, Toms Volk keinen Namen (!) zu geben, ein Shocker'sches Novum.
Fazit: In diesem Roman wird so viel geredet, dass man ihn als »Quassel-Roman« bezeichnen kann. Natürlich leidet darunter die Action, denn wenn man ständig redet, kann man nicht viel kämpfen. Und dass Molochos' Blutsiegel eine so untergeordnete Rolle spielt, finde ich ziemlich schade. Ich hätte mir da schon etwas anderes erwartet, als über die Essgewohnheiten (Stichwort: »überalterte Rösteier«, was immer das auch sein soll!) des 24. Jahrhunderts aufgeklärt zu werden. Man kann getrost behaupten, dass hier das titelgebende Thema völlig verfehlt wurde. Der grandiose Schlussgag (den ich hier nicht verraten möchte!) rettet jedoch den Roman und lässt wieder das Genie Jürgen Grasmücks aufblitzen, besondere Konstellationen zu erfinden und zu Papier zu bringen. Allein deswegen, und einiger anderer Besonderheiten wegen, ist dieser Roman meiner Meinung nach durchaus lesenswert. Man darf sich nur keinen überaus spannenden Gruselroman erwarten. Er ist fast vollkommen im Science-Fiction-Bereich angesiedelt, dem Beginn von Jürgen Grasmücks schriftstellerischer Tätigkeit.
Besonderheiten:
1. Björn Hellmark stürzt in das Blutsiegel des Molochos und wird zu Chaster Morgan.
2. Als Innenillustration wird jene Szene gezeigt, in der ein Meuchelmörder auf Prinzessin Osira lauert.
Von mir gibt es 3 von 5 Schwerter des Toten Gottes.
Das Titelbild entspricht detailgetreu der Szene, die Björns Eintauchen in das Blutsiegel vorausgeht, als die zwei Hände es aufrichten. Eine Meisterleistung von Rudolf Sieber-Lonati; der Detailreichtum ist absolut grandios dargestellt. Egal, wie oft man es betrachtet, man hat ständig das Gefühl, etwas Neues zu entdecken. Für dieses geniale Bild kann es von meiner Seite nur die Höchstnote geben.
Von mir gibt es 5 von 5 Schwerter des Toten Gottes.
Erhebe nicht den Anspruch, alles zu wissen – versuche es.