Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von Horror-Harry am 10.01.2012 22:34.
Das tatsächlich existierende Mysterium um die "tanzenden Särge" der Chase-Gruft auf Barbados bildet die Grundlage für dieses PSA-Roman. Dabei kommen wieder einmal Larry Brent, Iwan Kunaritschew und Morna Ulbrandson zum Einsatz, bei deren Besuch auf einem Ball der Gastgeber auf seltsame Weise ums Leben kommt und damit turbulente Ereignisse auslöst. Leider ist dies über weite Teile sehr langatmig erzählt, mit einigen unlogischen Sequenzen und Verhaltensweisen. Warum verwendet der Autor fast sieben Seiten für die Lebensgeschichte der Aniba Walum, nur um sie dann sterben zu lassen? Gleiches gilt für Gerald Chenney, dessen Erlebnisse am Anfang des Romans noch mehr Seiten verschlingen, obwohl sie für die Geschichte nahezu unrelevant sind. Warum schreit Aniba beim Anblick ihres toten Mannes das ganze Viertel zusammen, um danach angezweifelt zu werden, während sie sich beim zweiten Auftreten von George heimlich aus dem Haus schleicht, ohne jemandem Bescheid zu geben? Zusammen mit der Historie des Chase-Gruft-Rätsels werden somit schon 20 Seiten verschlissen. Aber weiter: Warum gehen Larry Brent und Inspektor Donalden offenen Auges in die Falle von Estit Shoban, anstatt Verstärkung anzufordern? Warum wird der Curarepfeil nicht zuerst auf den weitaus gefährlicheren Larry Brent abgeschossen, sondern auf den harmlosen Inspektor? Warum wird der Inhalt des Briefes von Shawn Clinton in zwei verschiedenen Wortlauten zitiert? __________________
Insgesamt scheint die Rachegeschichte viel zu umständlich angelegt, denn warum sollte man zu diesem Zweck über Jahrzehnte hinweg zahllose anatomisch korrekte (inklusive der Organe!) Wachsfiguren anfertigen, nur um ein paar Leute aus dem Weg zu räumen? Zum Ende hin dagegen wird der Leser von der ausufernden Lösung inklusive einer Reinkarnation, die sich in der falschen Stadt aufhält, geradezu erschlagen. Vielleicht hat aber auch der höchst interessant klingende Romantitel bei mir die falschen Erwartung geweckt, denn was sich hinter einem "Psycho-Labyrinth" verbirgt, das wollte ich schon wissen. Dass es sich dann nur um eine Höhle mit menschlichen "Wachsfiguren" handelt - das hat mich dann schon enttäuscht. Dabei hat Jürgen Grasmück es stets auch mit seinen Wortschöpfungen geschafft, den Leser neugierig zu machen. Was zum Beispiel verbirgt sich hinter "Pestgärten", einem "Marterhaus" oder "Hirnpuppen"? Und was heute undenkbar ist: die zahlreiche Verwendung des Wort "Neger". Erstaunlich allerdings, wie plausibel der Autor ein beliebiges Archivbild in die Handlung eingebaut hat.
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene