Das Tor zur Nacht
Wie befürchtet sind es vor allem die Handlungen der Figuren, die in der Geschichte stören. Und zwar in jeder Handlung. Dazu geht es hier wieder sehr frauenfeindlich und sadistisch zu.
In Wien ist Michael nach nur wenigen Tagen der Dämonin Traudel hörig. Seine verschollene Frau interessiert ihn nicht mehr. Dabei hat er bis jetzt hartnäckig nach ihr gesucht, weil sie ihm wichtig war. Ich möchte so einen krassen Charakterwandel in kurzer Zeit nicht ausschließen, aber gerade da muss man es dem Leser nachvollziehbar erklären. Und das passiert kein Stück. Mit Coco und Georg gibt es ordentlich Streit, weil die beiden ihre Mutter noch nicht aufgegeben haben.
So bricht die Hauptheldin nach Istanbul auf, Theklas letztem bekannten Aufenthaltsort. Wie kommt man als junge begabte Hexe dort an weitere Informationen? Indem man mit dem nächstbesten Dämon schläft, selbstverständlich. Coco macht sich gar keine Gedanken, dass sie sich solcher Mittel bedient. Sie ärgert sich nur, dass der Kerl ein „lausiger Liebhaber“ ist. Eine Formulierung, die es in der Serie gefühlt alle 4 Abenteuer gibt. Na gut, vielleicht ist Coco auch nur sehr emanzipiert und nutzt ihren Körper deshalb eiskalt als Mittel zum Zweck. Trotzdem kommt sie nicht wirklich weiter. Es ist Asmodis, der sich überraschend mit ihr in Verbindung setzt und weiß, wo Thekla bald sein wird. Es ist erstaunlich, erst hat das Oberhaupt der Schwarzen Familie gar keine Ahnung. Jetzt, wo man eine schnelle und einfache Lösung braucht, hat er plötzlich den konkreten Aufenthaltsort. Dass Coco normale Nachforschungen anstellt und selbst mit Köpfchen weiter kommt wäre mal eine willkommene Abwechslung. Entweder ihr fällt die Antwort in den Schoß, sie muss sexuelle Dienste über sich ergehen lassen oder die Autoren nutzten ihre übermächtigen Hexenkräfte. Ok, immerhin ist Coco die einzige zentrale Person eines der Handlungsstränge hier, die nicht unlogisch handelt.
Thekla ist nämlich nicht weniger durchgedreht als ihr Mann. Wurde von den Oppositionsdämonen seelisch und körperlich gebrochen. Mehrmals vergewaltigt und schlimm erniedrigt. Aber das ist bei CZ ja nichts, weswegen man sich Sorgen machen müsste. Sie zeigt sogar Interesse an der Schwarzen Eminenz. Reist die nächsten Wochen mit ihm zusammen umher und will am Ende sogar mit ihm zusammen sein. Stockdomsyndrom auf Hochtouren. Doch er trennt sich von ihr. Meint, er habe keine Gefühle für sie und sie nur benutzt. Kurz darauf tauchen Coco und Asmodis bei ihr auf. Sie meint, sie hätte auch keine Gefühle für ihn und ihn nur benutzt. Tolle Sache. Grandiose Schauspieler, alle beide. Grandios ist auch die Erklärung, warum Traudel Medusa plötzlich wieder lebt, obwohl Thekla sie damals umgebracht hat. Zufällig wenige Tage zuvor hat man Traudel durch eine magische Doppelgängerin ausgetauscht. Das muss als hanebüchene Erklärung reichen.
In der letzten Geschichte war Georgs Handlung für mich die beste, weil solide erzählt und ohne große Störfaktoren. Das kann ich jetzt nicht mehr behaupten. Weil er Mist gebaut hat sitzt er bei der Gräfin in Gefangenschaft, bricht aber aus um einen Jahrmarkt der Freaks – nicht die dämonische Variante - zu besuchen. Dort wird ein junges Mädchen von Dämonen mit Nadeln gefoltert. Sie ist zwar besessen und der Teufel in ihr hat seinen Spaß daran, Gewalt an nackigen Minderjährigen finde ich aber trotzdem grenzwertig. Auch beim Alter versucht Uwe Voehl zu relativieren. Das Mädchen ist schon seit über 200 Jahren besessen, das ändert aber nichts daran dass ihr Körper zum Zeitpunkt der Übernahme „knospend“ war und sich seitdem auch nicht verändert hat. Eingangs erwähnte ich schon, dass mich das Handeln der Figuren mehr störte als sowas. Georg muss jetzt nämlich unbedingt helfend eingreifen und die Dämonen aufhalten.
Danach geht es wieder in seine Zelle, aber bald darauf stattet er dem Jahrmarkt einen neuen Besuch ab. Dieses mal sind es die üblichen alten sterblichen Säcke, die Eintritt bezahlen, um das Mädchen zu verletzen. Und wieder greift Georg ein und prügelt sich.
Es liest sich für mich bis hierhin wie eine klassische Handlung mit der Gutmenschhexe Coco. Thekla, Michael, Georg. Es gibt nichts, was diese Figuren ausmacht. Besonderheiten an ihnen. Charakterliche Punkte, die fest sind und mit denen gespielt wird. Alle drei Charaktere drehen sich in dieser Geschichte beinahe um 180 Grad. Georg wird hier sogar so langweilig übermächtig wie Coco beschrieben. Wie es gerade gebraucht wird kann er feste Materie durchdringen, fliegen, hypnotisieren und natürlich die Zeit manipulieren.
Die eigentliche Ausbildung von Georg, nachdem er seine Strafe abgesessen hat, hätte mich viel mehr interessiert. Aber die wird nur kurz angerissen. Dafür gibt es ausufernde Beschreibungen von zwei schwarzmagischen Festen und den Dingen, die dort mit Sterblichen getan wird.
Zum Schluss dieser Erzählung gibt es immerhin einen Bruch, der Georg von seiner Schwester abgrenzt. Er soll als letzte Prüfung eben dem Mädchen den Teufel austreiben, das er zuvor zwei mal beschützt hat. Coco würde sich garantiert sträuben. Georg aber tut schweren Herzens, wie ihm geheißen. Er schafft es den Dämon zu verbannen, von dem Mädchen bleibt aber nur eine blutige Fleischmasse übrig. Sowas will ich lesen, grausam aber für die Charakterentwicklung relevant.
Richtig gute Passagen finde ich aber trotzdem nicht wirklich. Es gibt zwar wieder interessante Aussichten für die nächsten Bände, aber wie ich CZ kenne wird das wieder nur mangelhaft umgesetzt.
(3 von 10 Freaks)
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