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"Rosebud" C.F.Kane
Hier befand man sich schon sichtbar auf dem absteigenden Ast. Die Qualität der ausgewählten Geschichten weiß durchaus noch zu überzeugen. Ein Stück wie Machens The Terror war zum Zeitpunkt des Erscheinens schon eine kleine Sensation, solchen Stoff hätte man wohl am ehesten von Suhrkamps Phantastischer Bibliothek erwartet; damit kann diese Ausgabe nun schon einmal punkten. Ein Manko ist, dass Geschichten wie die von Hawthorne und Stevenson im Laufe der Jahrzehnte nun wirklich schon fast zu Tode anthologisiert worden waren, die Zusammenstellung in dieser Hinsicht dann etwas altbacken und unoriginell daherkommt. Mark Helprins Text ist zwar über jeden Zweifel erhaben, letztlich handelt es sich aber um einen Romanauszug und da greift man doch lieber gleich zum vollständigen Wintermärchen (das in übrigen tatsächlich jederzeit und uneingeschränkt empfohlen sei!). __________________
Größter Schwachpunkt ist allerdings der völlige Wegfall jeglichen redaktionellen Teils, sprich: keine Rezensionen und keine Bibliographie mehr. Damit entkleidete man diesen (und auch den nächstjährig folgenden) Band um das, was die Bände innerhalb der Reihe unverzichtbar machte und ließ sie zu einer, zwar qualitativ hochwertigen, letztlich aber doch einigermaßen beliebigen Anthologie unter vielen verkommmen. Nicht weiter verwunderlich, dass die Reihe kaum ein Jahr später dann auch schon die Segel strich.
"Rosebud" C.F.Kane
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Zitat:
Original von Waldfee. Ein Stück wie Machens The Terror war zum Zeitpunkt des Erscheinens schon eine kleine Sensation, solchen Stoff hätte man wohl am ehesten von Suhrkamps Phantastischer Bibliothek erwartet; damit kann diese Ausgabe nun schon einmal punkten.
Tatsächlich hatte Kalju Kirde, Herausgeber der Bibliothek des Hauses Usher und zahlreicher Bände bei Suhrkamp, diese Novelle für einen Band in der Phantastischen Bibliothek eingeplant. Nun musste er sich auf die Suche nach einer Alternative begeben, aber letztendlich wurde dieser geplante Machen-Band nie realisiert.
Ebenso erging es den weiteren Bänden mit Erzählungen von Oliver Onions, die indirekt noch an die zwei bereits erschienenen angekündigt wurden. Der Trend, interessante Anthologien mit sattsam bekannten Stoffen aufzufüllen, hat sich leider bis in die Gegenwart fortgesetzt (Festa Verlag). Und was sollte man zu Helprins Wintermärchen anderes sagen, als dass es sich um Buch handelt, das vom Himmel auf die Erde gefallen ist und mich an einen unvergesslichen Leseherbst 1984 erinnert; alleine das Titelbild ist schon zauberhaft.
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene
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Zitat:
Original von Waldfee
Hier befand man sich schon sichtbar auf dem absteigenden Ast. Die Qualität der ausgewählten Geschichten weiß durchaus noch zu überzeugen. Ein Stück wie Machens The Terror war zum Zeitpunkt des Erscheinens schon eine kleine Sensation, solchen Stoff hätte man wohl am ehesten von Suhrkamps Phantastischer Bibliothek erwartet; damit kann diese Ausgabe nun schon einmal punkten. Ein Manko ist, dass Geschichten wie die von Hawthorne und Stevenson im Laufe der Jahrzehnte nun wirklich schon fast zu Tode anthologisiert worden waren, die Zusammenstellung in dieser Hinsicht dann etwas altbacken und unoriginell daherkommt. Mark Helprins Text ist zwar über jeden Zweifel erhaben, letztlich handelt es sich aber um einen Romanauszug und da greift man doch lieber gleich zum vollständigen Wintermärchen (das in übrigen tatsächlich jederzeit und uneingeschränkt empfohlen sei!).
Größter Schwachpunkt ist allerdings der völlige Wegfall jeglichen redaktionellen Teils, sprich: keine Rezensionen und keine Bibliographie mehr. Damit entkleidete man diesen (und auch den nächstjährig folgenden) Band um das, was die Bände innerhalb der Reihe unverzichtbar machte und ließ sie zu einer, zwar qualitativ hochwertigen, letztlich aber doch einigermaßen beliebigen Anthologie unter vielen verkommmen. Nicht weiter verwunderlich, dass die Reihe kaum ein Jahr später dann auch schon die Segel strich.
Ich lese den Band gerade. Sowohl die Geschichte von Arthur Machen als auch die von Tanith Lee finde ich ausgesprochen lesenswert. Das vierte Siegel von Karl E. Wagner ist ebenfalls gut, aber vom Autor hat man auch schon wesentlich besseres gelesen.
Mir ist auch aufgefallen, dass es sich, bis auf die Autorenblätter, um eine reine Geschichtensammlung handelt. Da waren die Vorgängerbände wirklich abwechslungsreicher.
Wegen dem Thema "Der Trend, interessante Anthologien mit sattsam bekannten Stoffen aufzufüllen": Kann man ein Stück weit verstehen. Wir haben in Zwielicht nur Erstübersetzungen, einmal von aktuellen Autoren aber auch Klassiker wie Blackwood und die Nachfrage ist eher übersichtlich. Gleiches Problem hatte wohl der Shayol Verlag mit Golkonda.
Die Frage ist halt, hat ein redaktionell betreuter Band, also einer, der viele Hintergrundberichte bringt, der dazu unbekannte Perlen aufspürt, wirklich Chancen, am Markt zu bestehen oder ist es nicht einfacher, vorhandene Texte mit großen Namen zusammenzustellen?
Branded and Exiled:
https://defms.blogspot.com/2023/10/michael-schmidt-branded-and-exiled.html
Der Gedanke mit dem "sattsam bekannten Material" bezieht sich nicht auf aktuell geschriebene Erzählungen, sondern ob und wie oft Erzählungen zuvor schon in Deutschland erschienen sind. Persönlich freue ich mich sogar mehr über Stoff, der bereits schon vor Jahrzehnten verfasst wurde, aber erst in einem neuen Band exklusiv in deutscher Übersetzung erscheint. So verdienstvoll Hawthorne, Verne und Stevenson in oben genanntem Band auch zweifellos sind, aber bei mir kann eine Anthologie eher punkten, wenn man dort das Bemühen des Herausgebers spürt, literarische Ausgrabungen oder Entdeckungen an den Leser weiterzugeben und der Versuchung zu widerstehen, sich auf den bequemen Griff ins Archiv zu verlassen. __________________
In den letzten Jahren wurden durch Anthologisten wie Richard Dalby, Peter Haining oder Otto Penzler Hunderte von ganz grandiosen Gruselgeschichten nach Jahrzehnten der Vergessenheit entrissen, aber nur ein Teil dieser Bände/Erzählungen hat es nach Deutschland geschafft. Tröstlicherweise eine der besten ihrer Art:
https://www.gruselromanforum.de/thread.php?threadid=14031&sid=
Für jemanden, der eine Reiselektüre benötigt oder ein spannend zu lesendes Geschenk, der ist mit einer der zahllosen Anthologien mit unheimlichen Erzählungen sicher gut bedient, aber wenn man vielleicht auf die bizarre Idee verfällt, solche Bücher zu sammeln (es soll ja solche Leute geben), lässt man Bände, die nach dem "Archiv-Prinzip" zusammengestellt sind, ganz sicher liegen. Warum Geld ausgeben für etwas, das man ohnehin schon in der einen oder anderen Form kennt und besitzt?
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene
Zehn Jahre später hat der Piper Verlag eine sechsbändige Werkausgabe von Arthur Machen vorgelegt, deren erster Band der Kurzroman "Der Schrecken" bildet. Herausgegeber Joachim Kalka hatte keine Kenntnis davon, dass 'The Terror' bereits bei Bastei erstmals in deutscher Übersetzung erschienen ist; die Piper-Ausgabe ist also keine "Deutsche Erstausgabe", wie der Verlag auf dem Umschlag seines Bandes behauptet.
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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene