Töte Dorian Hunter
von Michael M. Thurner
Ich hatte es mir lange vorgenommen, jetzt habe ich mich endlich an den „Übergangsband“ von CZ in die DH-Zeit gemacht. Direkt auffällig ist die heftige Sprache und sexuelle Belästigung Cocos durch alte Säcke. Das zieht sich wie selbstverständlich durch den gesamten Band. Da ich nun auch in DH hineingelesen habe verstehe ich noch weniger, wieso sowas ein Teil von CZ ist. DH ist erwachsen und hat Gewalt gegen Frauen. Aber es ist meistens im Rahmen, während es bei CZ übertrieben ekelhaft ist. Das Ausmaß bei CZ kann man also auch nicht als „Hommage an die Stammserie“ sehen.
Die eigentliche Handlung hingegen kann anfangs überzeugen. Auf Bruno Guozzi und andere Elemente des zweiten DH-Abenteuers wird eingegangen. Manche Sachen werden sogar besser erzählt. Zum Beispiel verliebt sich Coco nicht so schlagartig und enorm in Dorian, sondern realistischer. Grob folgt die Geschichte sehr gut ihrer Vorlage.
Ein besonderes Wesen wird Coco von Skarabäus Toth als Aufpasser zugewiesen. Damit sie sich dieses eine mal an den Deal hält und keinen Unsinn baut. Vindobene ernährt sich nicht von Leichen, sondern von negativen menschlichen Emotionen und Gedanken. Ein netter Einfall, der durch die üblichen CZ-Charakteristika verschandelt wird. Es ist sexualisiert, Vindobene will Frauen sein „eitriges Sperma in den Rachen spritzen“ und fummelt sich dauernd zwischen den Beinen herum, um seinen halbsteifen Penis härter zu bekommen. Und es ist übertrieben, man hat das Gefühl, dass der Dämon vorrangig eingeführt wurde, um noch mehr sadistische Szenen im Text unterzubringen.
Bis zur Konfrontation mit seinem „Bruder“ auf dem Zentralfriedhof hatte ich eine klare Meinung oder Hoffnung. Wenn CZ keine komplett eigenen Ideen einbringt, sondern jetzt frei den Geschichten des Dämonenkillers folgt, dann könnte das eine deutliche Qualitätssteigerung bedeuten. Irgendwas mit seinen Brüdern, mit dem Kampf zwischen Asmodi II und Olivaro, mit dem Drudenfuß. Natürlich ohne Dorian. Der wird ja jetzt von Coco getötet. Denn das ist Unterschied zwischen den beiden Serien. In der Hauptserie gewinnt Cocos gute Seite. Hier gewinnt Cocos böse Seite. Ansonsten bleibt alles wie im Henkersschwert-Roman. Das wurde impliziert, das wurde dem Leser versprochen. Darauf ist er gespannt.
Als Coco sich jetzt doch wieder gegen ihre Familie stellt und mit Dorian abhaut, bin ich skeptisch geworden. Aber gut, das kann man noch hinbiegen. Es gibt in der Vorlage noch einige Stellen, wo Coco sich hätte gegen ihn wenden können. Als er ihre Familie angreift oder sie zum Finale auf einem Scheiterhaufen verbrennen will.
Ich überspringe jetzt einige Stellen, und steige bei einer bekannten Szene wieder ein. Dorian lässt Coco in der Irrenanstalt seiner Frau einliefern, wo die Hexe langsam wahnsinnig wird.
Was dann kommt sehe ich als Verarsche der Autoren. Als Schlag ins Gesicht. Als Falschwerbung. Vielleicht sogar als Betrug? Auf jeden Fall als ganz beschissene Idee. Coco Zamis wird von Lilian aus der Anstalt gerettet. Zuerstmal, wieso ist die jetzt wieder geistig bei klarem Verstand? Und wie schafft sie es, mit der halb bewusstlosen Coco auszubrechen, ohne dass sie bemerkt oder aufgehalten wird?
Lilian hat mitbekommen, was ihr Mann plant. Und möchte ihn mit Coco aufhalten. Denn sie unterstützt seinen Rachedurst keineswegs. Also geht es zu Helnwein, dessen Treffen mit dem Dämonenkiller anders als in der Hauptreihe für ihn gar nicht gut abgelaufen ist. Offenbar hat er sich geweigert, Dorian Auskünfte und Waffen zur Verfügung stellen. Woraufhin er den Antiquitätenhändler verprügelt oder sogar gefoltert hat. Lilian verführt Helnwein daraufhin, billig und nicht erotisch, damit er darüber die Klappe hält. What the fuck?
Die Frauen folgen Dorians Spur zum Zamis-Anwesen. Wo der Dämon in ihm erwacht ist. Moment mal! Wenn ich das bei DH richtig verstanden habe ist Dorian eine unsterbliche Seele. Aber kein Dämon. Das war nur eine Lüge von Asmodi, um zu prüfen, ob sich sein Fluch inzwischen soweit gelockert hat, dass er darauf herein fällt.
Der Dämonenkiller wird zum killenden Dämon, der im Haus des Zamis-Clans ein Gemetzel anrichtet. Coco und Lilian schaffen es kurzzeitig, wieder die menschliche Seite in ihm hervorzubringen. Woraufhin Michael Zamis ihn bannen und später in den neuen Wächter des Hauses verwandeln kann. Rupert Springer wurde nämlich von Dämonen-Dorian vernichtet.
Was ich erwartet habe: Dorian bleibt der gleiche, Coco wird hier böse dargestellt und vernichtet den guten Menschen für die Sicherheit ihres Clans unter Asmodi. Was ich bekommen habe: Coco bleibt die gleiche, Dorian wird hier als böse dargestellt und von Coco vernichtet, um ihn aufzuhalten.
Und damit nicht genug. Gutmensch-Coco hat endgültig genug. Sie bricht wie bei DH mit ihrer Familie, wenn auch aus anderen Gründen. Freiwillig und ohne Strafe beziehungsweise Verfolger.
Einen Augenblick, ich kotze gleich in meinem Resümee ab. Da in dem Band nur eine Geschichte statt zwei erzählt werden gibt es noch eine andere Handlung, um die Seiten zu füllen.
Coco wird auf das ehemalige Café Zamis aufmerksam. Es entstand, als Michael noch nicht in Wien war, sondern in Russland lebte. Woher hat es also seinen Namen und wieso spürt Coco so eine seltsame Anziehung von dem Gebäude? Als sie nachforscht wird das Vermächtnis aktiv. Sie muss gegen Monster aus Gemälden und den Wänden kämpfen und erfährt, dass es hier einst eine Art Tor gab, das verschlossen wurde. Sie bekämpft den Dämon Dantiche, der das Tor wieder öffnen will und erhält Unterstützung von einem mysteriösen Schutzgeist.
Nachdem sie nun also von zu Hause ausgezogen ist und ihr eigenes Ding machen will nimmt sie das Café in Besitz, das irgendwie mit ihr verbunden ist. Toll, Coco hat jetzt ihr eigenes Café. Das wird sicher spannend.
Ich möchte zum Abschluss gar nicht mehr viel schreiben. CZ enttäuscht oft mit schlecht durchdachten Handlungen, die in einem noch schlechteren Finale enden. Die Autoren haben einen Hang zu ekelhaften Sex- und Gewaltszenen, die allermeistens nur in eine „antifeministische“ Richtung gehen. Das weiß ich alles. Umso mehr erstaunt es mich, wie sie sich trotzdem immer wieder unterbieten können. Mir fällt dazu einfach nichts mehr ein. Es wäre so einfach gewesen. Den Henkerschwert-Roman aus Cocos Sicht nachzuerzählen und sie dann im entscheidenden Punkt Dorian umbringen lassen, wie es ihre Familie verlangt. ENDE. Mich würde dieses mal echt die Meinung anderer Leser oder der Dämonenkiller-Fans interessieren. Auf amazon und anderen bekannten Plattformen findet man leider keine Rezension und die Nutzerkommentare zu den Büchern hat Zaubermond auf ihrer neuen Seite ja zufällig nicht übernommen, upsi.
War ich zu voreingenommen? Habe ich die Werbung für diesen Sonderband in der CZ-Serie falsch verstanden? Sehe nur ich das so? Weil ich fest davon ausgegangen bin, dass Coco Dorian als dunkle Hexe tötet und nicht ohne Veränderung als Gutmensch-Hexe.
Und die Änderungen an der Ursprungsgeschichte - Lillian geistig wieder fit, Helnwein von Dorian verprügelt, Dorian als Dämon – gehen für mich aus Prinzip gar nicht, unabhängig davon, ob sie für sich stehend in Ordnung sind.
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