Am Anfang des Abschlussbandes wird Kelan direkt neuer Prior und darf damit die mysteriöse Chronik der Sterne lesen. Bekommen wir also endlich die wichtigen Antworten? Nein, das verschiebt Manfred Weinland erneut. Denn der vorherige Prior hat das Buch versteckt und Kelan muss es erst finden. Es gibt einen Trick, sie zu finden - aber auf den musst du selbst kommen. Sehr hilfreich. Das kann ja dauern.
Wirklich zum Suchen kommt er aber nicht. Denn die Ritter des „Inneren Zirkels“ wenden sich gegen ihn und sperren ihn in den Kerker. Werden sie alle vom bösen Thibaut kontrolliert und manipuliert oder ist es ein Heftromanzufall, dass die alle auf einen Schlag gleichzeitig von ihren Amuletten verdorben wurden?
Schade, ich hätte mir das subtiler gewünscht. Dass man erkennt, wie der Orden zwar rechtschaffene Ziele verfolgt, aber dabei gefährlich fanatisch ist. Jetzt hat man auf einen Schlag plötzlich die klassischen Bösewichte. “Wir sind nicht länger die uneigennützigen Hüter des Viehs, das da draußen weidet! Von heute an beginnen wir damit, die Welt nach unserem Willen zu formen, umzugestalten, lebenswerter zu machen!“ Das geht mir alles zu schnell und einfach.
Naja, wie vom Autor gewohnt steckt hinter allem wieder mal eine mysteriöse namenlose Entität. Thibaut wird auch nur als gelenkt. Aber wer oder was hätte dann die Fäden in der Hand gehalten, an denen er geführt wurde. Das erklärt einiges, dieser Unbekannte dürfte mit dem Amulett vielleicht mächtig genug sein, um die anderen Ritter zu bekehren. Vielleicht steckt Leonardo dahinter? Der neue Teasertext auf dem Cover klingt für mich schon ziemlich danach.
Auf jeden Fall ist das alles wieder extrem dramatisch, episch und schlimm. Mit Thibaut an der Spitze - oder was immer ihn vereinnahmt hatte - würden die Mächte der Finsternis vollends die Oberhand gewinnen. Ohne es zu ahnen, stand die Menschheit am Scheideweg. Und Vielleicht hätte es einen Ausweg aus der Misere gegeben, wenn der ermordete Prior sich nicht darin gefallen hätte, Kelan die versprochene Chronik dahingehend vorzuenthalten, dass er ihre Inbesitznahme an eine letzte Prüfung knüpfte. Schon arges Pech, wa?
Jetzt soll es Kelan an den Kragen gehen. Kann er sein Leben in letzter Sekunde retten? Jeder Heftromanleser kennt die Antwort. Der Autor muss eingreifen und ihm die Lösung in den Kopf legen. Der Gedanke, der sich ihm unvermittelt aufdrängte, schien gar nicht aus ihm selbst zu kommen, sondern ihm eingeflüstert zu werden. … Aber nur noch halbherzig wehrte sich sein Verstand gegen den plötzlichen Einfall. Wie es im Heftroman sein muss geschieht das in allerletzter Sekunde, gleich wird Kelan geköpft. Basile holte mit der Klinge aus. Des Rätsels Lösung ist also, dass im Einband des Buches ein weiteres Amulett versteckt ist, Kelan es aus einem Gedankenblitz heraus ruft und damit eine Waffe in der Hand hat, sich zu verteidigen? Für mich eine schwache Auflösung. Ich hätte sowieso lieber gesehen, dass der Vergangenheits-Protagonist das Buch selbst durch Grübeln findet. Wie ich konstruierte Handlungen mit zu starker Autorenhilfe hasse.
Kelan ist jetzt passiv allem ausgeliefert. Seine Seele verlässt den Körper und er sieht die Verunreinigung in den Amuletten der anderen. Währenddessen räumt das Amulett von allein unter den verdorbenen Rittern auf. Und es zerbricht Kelans Ketten. Zurück in seinem Körper ist das kein Sieg für ihn. Ich mag es eher, wenn die Charaktere sich ihre Rettung durch Schläue oder Tatenkraft selbst erarbeiten und es nicht einfach passiert, weil sie halt die Auserwählten sind. Das ist natürlich komplizierter aus der Sackgasse des nahenden Todes heraus zu schreiben. Meine üblichen Kritikpunkte ziehen sich durch die Heftromanserien.
Nun will der junge Prior aber mal einen Blick in das Buch werfen. Es ist der dritte Anlauf. Wird aber auch nichts. Nun sind sämtliche Seiten nämlich leer. Weil das Wissen alles im Stern steckt. Aber was genau das Wissen nun ist, darf der Leser einfach nicht erfahren. Deshalb geht es zurück in die Gegenwart.
Nicole wurde von einer unglaublich mächtigen mysteriösen unheimlichen Entität entführt. Zamorra setzt sich mit Hilfe des Amuletts auf ihre Spur und begibt sich ins Unbekannte. Auf der anderen Seite ist natürlich auch wieder alles mysteriös und es gibt viele Fragen. Hier befindet sich auch Rufus Agadir, der Carrie Bird gerade seine früheren Erinnerungen als Kelan gezeigt hat. Die erwacht jetzt. Es verursachte Carrie fast körperlichen Schmerz, dass ausgerechnet an dem Punkt eine Unterbrechung der Lebensgeschichte erfolgte. Ich fühle mit ihr.
Es kommt in der Heftmitte zu einer kurzen Konfrontation zwischen Zamorra, Rufus Agadir und Carrie Bird. Worte müssen reichen. Immerhin erkennt Zamorra, dass er seine Ziehtochter leider unwiederbringlich an die dunkle Seite verloren hat. Als es doch noch ernst wird, flieht Zamorras Amulett einfach ohne Rücksprache und lässt ihn doof stehen. Mhh, ich würde mir sehr wünschen, dass das Amulettbewusstsein Taran mal wieder mehr ins Rampenlicht rückt. Vielleicht ist das hier ja ein Schlüsselroman dafür. Jetzt könnte man den Meister des Übersinnlichen einfach vernichten, aber der erfahrene Heftromanleser weiß Du verdienst schon dieses unwürdigen Theaters wegen keinen schnellen, sondern einen qualvollsten Tod. … Wo er Zeuge der Erweckung wird. Nicht nur Zeuge, sondern Teil von ihr. So darf Zamorra unbehelligt weiter leben, damit er den Bösewichten später noch gut in den Arsch treten kann. Nicole ist leider nicht hier. Es scheint mehrere Dimensionsebenen der Nekropole zu geben und sie muss auf einer anderen feststecken.
Nach dieser klischeehaften Aktion des Gegenspielers geht es wenigstens wieder in die Vergangenheit. Ich warte immer noch auf meine Antworten! Verarscht, die bekomme ich wohl nie. Carrie musste sich nur noch an der richtigen Stelle einklinken - eingeklinkt werden -, dort, wo sie die Kette beim letzten Mal verlassen hatte, um nahtlos an das Vorgeschehen anzuschließen. So ganz schien es nicht zu gelingen. Es kommt zu einem Zeitsprung. Gerade dort, wo es wichtig wäre. Kelan hat jetzt alles erfahren, was dem Leser verborgen bleibt, und führt ein Heer an. Man verlässt die Ordensburg. Aus Gründen. Es sind nämlich Jahre vergangen. (Jahre? Verdammt, was soll die Lücke?! Du bist es mir schuldig! Ich will wissen, was in der Chronik steht! Du kannst mich nicht am ausgestreckten Arm…) Da fühlt man schon wieder mit Carrie mit. Schon im letzten Heft wurde man heftig neugierig gemacht und jetzt überspringt Manfred Weinland diese Passage einfach. Der Leser ist dem ausgeliefert und kann nichts machen. Ich halte es für durchaus möglich, dass er diese Kritik vorhergesehen hat und Carrie Bird bewusst das Sprachrohr gewisser Leser ist. So unschön ich den Zeitsprung und andere Dinge auch finde. Carries Gedanken sind ein nettes Trostpflaster.
Abgesehen von diesem Entzug wichtiger Informationen behandelt Rufus sie sowieso nicht gerade nett. So sieht Zamorra seine Chance, an Carrie zu appellieren. “Du tust mir leid. Selbst jetzt scheinst du noch den Beteuerungen, etwas ach so Besonderes zu sein, zu glauben. Aber wärst du das wirklich für ihn, würde er dich nicht so behandeln“. Hoffentlich klappt das nicht. Wäre mir wieder zu einfach und ausgelutscht.
Carrie verhält sich Zamorra gegenüber praktischer Weise nicht direkt feindselig und klärt ihn gern über Rufus' Vergangenheit als Kelan auf. Dann geht es los mit dieser geheimnisvollen „Erweckung“. Doch Etwas … etwas stimmt nicht! Ein Inferno aus Amulettfeuer verzehrt sie alle. In der Gewissheit, nun niemals zu erfahren, was aus Nicole geworden war und was am Ende des von Kelan entfesselten Höllenfeuers stehen würde, ergab er sich dem Unausweichlichen. Oh, wieder die obligatorische Szene, in der der Held mit seinem Leben abschließt, weil seine Chancen, hier heil raus zu kommen, in etwa derer eines Schneeballs in der Hölle gleicht? So, auch mal ein netter Schachtelsatz von mir. Kurz gesagt nutzt Rufus die Seelenenergie der Anwesenden, um in der Nekropole ruhende Ritter wiederzuerwecken. Wie fies. Zamorra hat sein abgehauenes Amulett nicht mehr und Carrie ist dem durch ihre verdorbene Amulettkopie genau so schutzlos ausgeliefert. Das sieht schlecht für sie aus. Es ist wieder etwas extreme Hilfe angebracht. Bevor sie vergehen, finden sie sich plötzlich beide an der Oberfläche wieder. “Ich habe keine Ahnung, was passiert ist.“ Die anderen namenlosen Amuletträger hat werauchimmer nicht gerettet, die sind für den Roman auch nur unwichtige Statisten. Carrie weiß jetzt, dass Rufus Agadir sie betrogen hat. Was nicht heißt, dass sie wieder auf der guten Seite steht. Als die erwachten Ritter anrücken, teleportiert sie sich weg und lässt Zamorra zurück. Zamorra wusste, dass nicht noch einmal ein Wunder geschehen und ihn retten würde. Dieses Mal gab es kein Entkommen. Nun, der Leser weiß es wieder besser. Rufus Agadir ist mit dem Ausgang des Tages zufrieden und verzieht sich mit seinen Mannen, Erzfeind Zamorra darf weiterleben. Äh...er hat wie versprochen lange genug gelebt, um der Erweckung beizuwohnen. Jetzt darf er wohl weiter leben, um Zeuge bei noch mehr erstaunlichen Ereignissen zu sein, oder so. Keine Ahnung, wieder macht Manfred Weinland es sich zu einfach. Kein Erklärungsversuch, nichts. Wie sage ich immer: Wenn ein Autor seine Helden in schlimme Scheiße hineinschreibt, muss er sie auch logisch wieder herausziehen. Oder bei Nebenfiguren konsequent ertrinken lassen. Was hier passiert hat nichts mit Können zu tun, das kann jeder.
Ok, Nicole ist aber immer noch verschwunden. Wäre ein netter Miniplot, wenn Zamorra sie suchen muss oder Nicole ihrerseits über mehrere Soloabenteuer zurück zu ihrem geliebten Professor gelangt. Man muss nicht jedes schlimme Drama sofort und glücklich auflösen. Zuerst tauchte ihr Kopf, dann der Rest des Körpers über dem Rand des Zustiegs auf. Zamorra konnte sich nicht erinnern, sie je schöner gesehen zu haben als in dem Moment. Dem Moment, als ihm bewusst wurde, sie nicht verloren zu haben. Da, ist er wieder. Der Moment, wo ich keinen Bock mehr habe. Schade. Dem gemeinen Heftromanleser ist wohl echt nichts mehr zuzumuten. So viele vertane Chancen für meinen düsteren Geschmack. Was mir Nicole passiert ist, erfahren wir nur von ihrer Erzählung. Sie war tatsächlich auf einer anderen Dimensionsebene der Nekropole und hat ihre eigenen Eindrücke gesammelt. “Nun, das Ding, das beim Namen zu nennen ich mich die ganze Zeit scheue, ich kann es nicht anders beschreiben, als dass es wie ein Raumschiff auf mich wirkte. Ein riesiges, vor langer Zeit im Fels des Hochplateaus gestrandetes, außerirdisches Fahrzeug, dessen Besatzung über Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende ums Überleben kämpfte, den Kampf aber am Ende doch verlor, obwohl sie sogar versuchten, die Nahrung, die sie gewohnt waren, durch die Toten zu ersetzen, die ihnen gebracht wurden. Am Ende war alles vergebens.“ Was habe ich noch im Heft zuvor gesagt? Irgendetwas aus dem All. Nur keine gottgleiche Entität, sondern ein enormes fortschrittliches Alienrassenraumschiff. Sowas muss Weinland einfach unterbringen. Zum Schluss erfahren wir auch endlich eines der Geheimnisse der Chronik der Sterne, denn Nicole hat diese Infos zufällig erlangt. Leonardo. Der Schöpfer der Amulettkopien und zugleich der Gründer des Ordens, dessen Ritter meinten, dem Guten zu dienen, weil sie so umso leichtere Beute für das Böse waren, hieß Leonardo deMontagne. Wie unerwartet.
Jedenfalls gibt es nun Rufus und seine Ritterbrüder, die mit den Amulettkopien verschmolzen sind und unfassbar gefährlich. Der neue Feind. Als hätten wir nicht schon Fronten genug, dachte Zamorra. Geht mir genau so. Ich will endlich wieder ein gemeinsames Überthema, an dem alle Autoren mitschreiben. Bei dem zweiwöchigen Erscheinungsrhythmus bleibt dann aber wieder die neue Hölle ewig liegen. Von der hat man zum Beispiel seit über einem Jahr nichts mehr gehört. Weil halt trotz allem jeder Autor sein eigenes Thema hat. Christian Schwarz hat schon lange keinen Zamorra mehr geschrieben. Er hält sich momentan lieber bei Maddrax auf. Da musste für das Höllenthema schon Kollege Schwichtenberg im Mai letzten Jahres einspringen.
Bevor ich mich gänzlich in meinem Geschwafel verliere nochmal kurz zurück zum Ende des Romans. Wo Rufus die ehemalige Ordensburg der Ritter betrachtet. Am Himmel über Château Montagne schob sich eine Wolke vor die Sonne, und Schatten fiel auf das Schloss, das künftig zweigeteilt sein und im Idealfall beides beherbergten würde: Licht und Dunkel, Macht und Ohnmacht, Sieger und … Verlierer …
So. Damit hat es sich dann. Irgendwie hatte ich mehr erwartet. Die ganze Handlung um die Truhe mit den Amulettkopien und ihre verdorbenen Träger, die uns seit August 2018 begleitet, war nur ein Vorgeplänkel. Ja, das ist jetzt abgeschlossen und erledigt. Doch geklärt ist damit nichts, im Gegenteil. Es sind noch haufenweise Fragen offen und als Weiterentwicklung gibt es nun Rufus/Kelan und seine Ritter. Zamorra zieht sich so extrem. Bei Maxxdrax dauert ein Zyklus auch zwei oder mehr Jahre. Aber er wird konsequent fortgesetzt und man ist gespannt dabei (wenn einem die Art der Serie gefällt)
Wie erwartet habe ich an diesem kleinen Finalband mehr zu meckern, als an den Vergangenheitsbänden um Rufus Agadir. Der Autor greift mir zu sehr ins Geschehen ein und lässt seine Protsgonisten an Schlüsselstellen zu wenig selbst agieren. Chancen für düsterere Ausgänge bleiben ungenutzt, es gibt Rettungen in letzter Sekunde und wieso Rufus nicht mit Zamorra abrechnet, erklärt sich mir gar nicht. Er hat ihm etwas versprochen, er darf lange genug leben, um Zeuge der Erweckung seiner Ritter zu sein. Das ist passiert, nun muss er eigentlich sterben. Zumindest sollte Rufus das versuchen. Dass der Titelheld überlebt, ist ja klar. Verschont der überlegene Rufus Zamorra jetzt bei jeder Begegnung aus Selbstgefälligkeit lange genug, bis sich für den Meister des Übersinnlichen eine Gelegenheit bietet, seinen Feind den vernichtenden Schlag zu versetzen?
Handwerklich bin ich soweit wie immer zufrieden. Ja, die extremen Schachtelsätze. Muss nicht sein. Ich persönlich habe kein Problem damit, aber es fällt schon ziemlich auf. Das würde ich ihm rot anstreichen, man muss es ja nicht übertreiben.
Im Vergleich zu anderen „Auflösungs“-Mehrteilern war dieser aber ruhiger und weniger übertrieben. Die Geschichte um den Ritterorden ist nicht zu krass übertrieben und passt für mich bis hierhin gut in die Serie. Auch der Plan von Rufus und seine Motivation ergibt Sinn. Was für mich ein Grund zur Freude ist, das geht schon eher in die Richtung des Weinlands, den ich früher so geliebt habe.
Puh. Auch wenn ich viele Dinge kritisiert habe, würde ich dem Roman gern knappe (8 von 10 Amuletten) geben. Insgesamt bin ich mit der Tetralogie völlig zufrieden. Das ist PZ auf dem hohen Niveau, wo ich sie Serie gern habe. Es wäre besseres möglich gewesen, aber mit meinen Ansprüchen müsste da ein echtes Highlight her. Oder Anika Klüver, den kann ich mir jetzt doch nicht verkneifen. (Soll nicht gegen die anderen Autoren geben, die sich auf Mühe geben und gut schreiben. Ihr könnt es vermutlich nicht mehr hören.)
PS. Werkstattberichte sind immer schön. Ich hätte gern mehr gelesen, aber es sind ein paar interessante Aussagen dabei. Dass Manfred Weinland zum Beispiel nicht die Auffassung teilt, dass jeder Autor nur seine eigene Baustelle abhandelt. Und dass er rückblickend Dinge erkannt hat, die er hätte besser schreiben können. Vielleicht sind das aus seiner Sicht Dinge, die mir gar nicht aufgefallen sind oder die mir sogar besonders gut gefallen haben. Man weiß es nicht.
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Aktuelle Lesereihenfolge:
1. John Sinclair
2. Maddrax