Vergangenheit: Im Auftrag der Hölle haben Iovan Raduc und einige Kreaturen der Finsternis endlich das Versteck des so gefürchteten Höllenparasiten Caracus entdeckt. Wobei es sich eher um eine der Dimensionssphären nach Twilight City handelt, die sie durchschreiten. Die Ereignisse von DL liegen für mich leider zu weit zurück, als dass ich mich noch an Blood Cliff erinnern könnte. Eine mysteriöse Gestalt erscheint und bietet Raduc ein Schwert an, mit dem er Caracus bannen kann. “Du musst ihn mit dem Schwert verletzen und eine Formel sprechen, um ihn zu besiegen und das Tor zu schließen.“ So einfach geht das. Der Parasit erscheint wie gerufen und legt sich mit den Kreaturen der Finsternis an. So ist er abgelenkt und Raduc kann stilecht das Schwert auf ihn schleudern. So geschwächt kann Caracus schließlich mit der Formel gebannt werden. Für eine echte Vernichtung ist er leider zu mächtig. Aber sicher wird man ganz überraschend irgendwann einen Weg finden. Jedenfalls kommt Caracus jetzt nach Jahrhunderten endlich wieder frei und ist natürlich nicht gut auf Raduc zu sprechen. Aktuell kommt er aus Twilight City aber nicht raus, um auf der Erde oder in der christlichen Hölle für Chaos zu sorgen.
Die Hölle schickt wieder ihre Truppen aus, um das Dimensionstor zu bewachen. Aber auch Raneil ist hier, weil er das gleiche Ziel verfolgt. Caracus darf nicht wiederkehren. Für seine Motivation gibt es nun endlich auch eine Erklärung. Nicht nur Dämonen waren den Parasiten zum Opfer gefallen, sondern auch Engel, und wenn die Hölle gefallen wäre, hätte die Kreatur als Nächstes die himmlischen Chöre attackiert. Also unterscheidet Caracus nicht zwischen Gut und Böse und greift alle magischen Wesen an? Die Höllenkrieger und Raniel geraten aneinander. Ein passender Moment, um Rakk als Unterstützung auftreten zu lassen. Der interessiert sich weniger für Caracus als für den Weg nach Twilight City. “Was auch immer passiert, ich werde mich im Hintergrund halten und dich nicht bei deinem Auftrag stören. Sollte sich mir aber die Chance auftun, durch das Tor zu schlüpfen, werde ich sie nutzen. Ist das ein Wort?“
Fehlen noch John, Suko und Raduc. Auf dem Weg zur Dimensionssphäre kommen sie in ein Dorf, das von Kreaturen der Finsternis überrannt wurde. Das hat dann natürlich erstmal Priorität für die Helden. Eine Frau hier hat das zweite Gesicht und warnt John. “Ich meine den Engel, der von den Bergen auf die Dämonen herabschaut und Jagd auf sie macht. Er steht auf der falschen Seite. Hüte dich vor ihm.“ Für den Leser zeichnet sich eine mögliche Konfrontation zwischen Sohn des Lichts und Gerechtem also immer mehr ab. John denkt bei einem Engel auf Dämonenjagd irgendwie sofort an Raniel, naja. Durch das Gespräch mit der Seherin konnten die Kreaturen der Finsternis sich anschleichen. Gegen zwei erfahrene Geisterjäger und einen uralten Vampir haben sie leider keine Chance. Weiter geht es für das Trio zur Dimensionssphäre.
Schönes „Pacing“ bis jetzt übrigens. Die Handlung schreitet nicht zu langsam voran, trotzdem gibt es immer wieder ruhigere Szenen. Es sind so einige Figuren unterwegs und es gibt mehrere Schauplätze im Gebiet des Dimensionstores, aber zu viel ist es bis jetzt nicht. Die erste Hälfte des Romans ist vorbei, ohne dass ich groß auf die Seitenzahl geschaut hätte. Mal schauen, was die zweite Hälfte bringt.
Dort geraten die Drei wieder an Kreaturen der Finsternis und dieses mal wird es eng für sie. Rafael Marques zieht einfach die gleiche Show wie zuvor bei Raniel ab. Er lässt Rakk überraschend auftauchen, um einzugreifen und sie auf einer brenzligen Situation zu retten. “Eigentlich wollte ich mich im Hintergrund halten, aber anscheinend kommen Sie nicht allein zurecht“
Raniel meuchelt sich unterdessen leise durch die stationierten Höllenwesen, als eine Kreatur der Finsternis namens Kovalev auftaucht und eine Waffenruhe anbietet. Sie haben das gleiche Ziel. Auf der anderen Seite begleitet John Sinclair eben den Vampir, der den Parasit freilassen will. Sollte es wirklich wahr sein und John Sinclair mit einem Vampir gemeinsame Sache machen, um Caracus zu befreien? Ja, da braut sich was zusammen. Ich verstehe beide Seiten. Das sollte sich durch ein ruhiges Gespräch unter Verbündeten klären lassen. In Film und Literatur ist es jedoch meistens so, dass man in so einer Situation nicht offen miteinander redet, sondern überreagiert und sich bekriegt, bis man sich erst viel zu spät nach dem Drama zusammensetzt und merkt, dass das alles vermeidbar hätte sein können. Sollte Rafael Marques diese Richtung einschlagen, verkauft er es mir hoffentlich nicht aus der Klischee-Kiste. Außerdem ist im Verlauf des Abenteuers schon mehrmals der Name „Matthias“ gefallen. Ich hoffe, der taucht zum Finale nicht überraschend auf. Für mich ist das Figuren-Glas gerade so voll, wie es sich richtig anfühlt. Andere Metapher, der Autor muss das Schiff jetzt nur noch sicher ohne coole Showmanöver in den Hafen bringen, und ich bin glücklich.
Schließlich stellt Raniel die Gruppe vor der Dimensionssphäre. Er hat ein gutes Argument in Petto, von dem John bis jetzt noch nichts weiß. “Als Caracus im Mittelalter Angst und Schrecken unter den Dämonen verbreitete, befielen seine Parasiten nicht nur die Günstlinge der Hölle, sondern auch Engel.“ Dafür hat John Gott sei Dank Verständnis. Die Kreaturen der Finsternis sind natürlich alles andere als erfreut, dass es nicht zum erwarteten Kampf kommt. John ist gezwungen, die Kreuzformel zu rufen. Was auch Raduc vernichten würde. Es ist so gesehen der Geisterjäger, der den Pakt bricht und den Vampir verrät. Raduc hält John sein Schwert an die Kehle und zwingt ihn, das Kreuz wegzuwerfen. “Die Ironie an der ganzen Sache ist, dass ich es tatsächlich ehrlich mit dir gemeint habe“, sprach er mich noch einmal an, so leise, dass nur ich ihn verstehen konnte. „Ich wollte wirklich, dass du mir dabei hilfst, alle Dämonen zu vernichten, und davon, dass die Parasiten auch Engel – also echte Engel – befallen könnten, hatte ich keine Ahnung.“ Dreck, ich kann hier jede Figur verstehen und niemandem die Schuld geben. Die ganze Sache hat sich einfach unglücklich entwickelt. Das ist das richtige Drama. Nicht konstruiert rein für den Effekt herbeigeführt und dann total übertrieben eingesetzt, um den Leser zu schocken. Jetzt muss der Autor die Sache nur noch über die letzten 5 Seiten bringen.
Um die Helden zu retten nutzt er ein altbewährtes JS-Mittel. Den Stab des Buddha. Suko hält die Zeit für 5 Sekunden an, um sich das im Gras liegende Kreuz zu schnappen. Gerade rechtzeitig erreicht er es, bevor die Zeit abgelaufen ist, und aktiviert dann die Kreuzformel. Die Höllenwesen werden alle vernichtet, schön. Aber Raduc entgeht seinem sicheren Ende, weil sich ein Riss im Himmel öffnet und eine Klaue erscheint, die ihn in Sicherheit bringt. Die Frage ist, wer den Vampir da gerettet hat und wann er wieder auftaucht. Naja, begeistert bin ich von dieser Deus Ex Machina jetzt nicht. Raniel zerstört indes das Schwert, mit dem Caracus endgültig freigelassen aber auch wieder gebannt werden kann. “Bevor es noch jemand aus dieser anderen Welt in die Hände bekommen und es leichtsinnig benutzen könnte, habe ich es vernichtet.“ „Und wie willst du Caracus jetzt aufhalten?“ Raniel hob die Schultern. „Wie wohl? Mit der Magie der Engel.“ Äh, das war in der Vergangenheit doch nicht möglich. Deshalb der ganze Aufriss mit dem besonderen Schwert. Raniel erschafft eine neue Barriere mit weißer Magie. Rakk ist so selbstlos und lässt die nächste Gelegenheit verstreichen, um nach Twilight City zurückzukehren. Das ist jetzt auch schon ein paar mal geschehen und verliert den Effekt. John und Suko ziehen einfach ab. Ein etwas antiklimaktisches Ende. Aber besser als das Gegenteil, ich will nicht meckern.
Im Epilog kehrt Raniel nochmal ins Dorf zurück, um die letzten verbliebenen Höllenkrieger zu vernichten. Kovalev lebt noch und er schwört Rache an Raniel. Luzifer rettet ihn, bevor er vom Gerechten erledigt werden kann. Die zweite Eskorte eines Gegenspielers in Sicherheit durch ein höheres Wesen in kurzer Folge.
Ein paar Dinge am Finale haben mich dann doch gestört. Aber alle meine Befürchtungen blieben unbegründet. Klar hätte ich gerne einen Kampf zwischen Raniel und John gelesen. Das macht hier jedoch keinen guten Sinn, hätte man anders herbeiführen müssen. Rafael Marques baut den zweiten Band dieser Geschichte gut auf und lässt seine Figürchen dann vernünftig aufeinander los. Ohne nochmal übertreiben zu müssen oder den Leser in der sowieso angespannten Lage schocken zu wollen. Während dem ersten Teil habe ich mir so einige negative Gedanken gemacht, wie der Autor das zu Ende bringen könnte. Der gebrannte Sinclair-Leser in mir muss sich an dieser Stelle bei Rafael Marques entschuldigen. Es geht doch noch anders, wie in den entspannteren Anfangszeiten der Co-Autoren. Außerdem machen die Kreaturen der Finsternis mit ihren Monsterformen hier wieder richtig Spaß. Dass Schreibstil und Umgebungseschreibungen (dieses mal Wandertour durch den Wald statt Wüstentrip) erstklassig sind, muss ich bei Rafael Marques eigentlich nicht extra erwähnen.
Ich könnte jetzt wieder ein „knapp am Top vorbei“ vergeben. Es gibt und gab bei JS definitiv Geschichten, die mich nach dem ENDE wunschlos glücklich zurückgelassen haben und die den „Ehrentitel“ Top voll verdient hätten. Was wohl immer eine persönliche Präferenz ist, wie wenn man eine Person total attraktiv findet. Hier fehlt mir dieses Gefühl. Die Rettungen von Raduc und Kovalev hätte der Autor zum Beispiel anders als durch das übliche „mächtiges Wesen kommt und krallt ihn sich, bevor er vernichtet werden kann“ beschreiben können. Kein makelloses TOP, aber nah dran. (Knappe 10 von 10 Kreuzen) Lesespaß hatte ich auf jeden Fall komplett von Anfang bis Ende.
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Aktuelle Lesereihenfolge:
1. John Sinclair
2. Maddrax