„Von Feen, Bäumen, Leichenwegen und anderen Kleinigkeiten“


Während rings um Crow Cottage die Hecken und Fenster voller Weihnachtslichter hängen, der Autor schon mindestens zweimal geWham!ed wurde, und so mancher vergnügt an den Leckereien knabbert, die er heute in seinen Stiefeln vorgefunden hat, ist es an der Zeit, für einen neuen Hintergründe-Artikel.

Das Erscheinen von „Der Kuss der bösen Fee“ (Musgrave 08, Gespenster-Krimi 159) ist nun fast genau einen Monat her. Ich habe diesmal etwas mehr Zeit gelassen, damit auch die unter euch, die per Abo mit dem neuesten Spuk versorgt werden, genügend Gelegenheit haben, zunächst das Heft zu lesen.
Nun aber in die Vollen!

Wie immer gibt es ein paar größere und ein paar kleinere versteckte Anspielungen und wahre Hintergründe, die ich für euch eingeflochten habe. Meine Auswahl beginnt mit etwas ganz Kleinem:
Mrs Hudson.

Die ältere Dame, die Eliza auf den Kopflosen aufmerksam macht, der durch Goodman’s Lands schleicht (und sie mit reichlich Kuchen versorgt), hat ihren Namen von einer Figur aus dem Sherlock-Holmes-Universum. Wie ihr wisst, bin ich bekennender Fan – da ist es mir eine diebische Freude, Anspielungen auf die Abenteuer des großen Meisterdetektivs unterzubringen.

Tatsächlich gibt es aber einen Fall, in dem nicht Mrs. Hudson Holmes‘ Vermieterin ist, sondern eine gewisse Mrs. Turner: In „Ein Skandal in Böhmen“ (A Scandal in Bohemia, 1891).
Warum Arthur Conan Doyle eine andere Dame einbringt, ist unklar. Es gibt verschiedene Theorien dazu; möglicherweise hat er aber einfach einen Fehler gemacht. Das wäre ja nicht das einzige Mal

Eine andere nette Kleinigkeit habe ich im Werk des seligen Bertram Finnegan versteckt.
Na, ist es jemandem aufgefallen?
Zugegeben, es ist kein so offensichtliches Easteregg.

Einer der Romantitel des dahingegangenen Autors lautet: „Das Kostüm“.
Wer sich jetzt an einen bestimmten Gespenster-Krimi (143) des Kollegen Thomas Williams erinnert fühlt, der darf sich ein Bienchen ins Monsterheft eintragen.

[Wir warten immer noch auf die Viking Frogs, my Dude!]

Merklich größer ist da schon ein anderer Hintergrund.

Als „Der Kuss der bösen Fee“ allmählich sein Finale vorbereitet, erzählt Ali von einem alten Mann in seinem Heimatdorf, der große Angst wegen eines Baumes hatte, in dem Feen leben sollten. Er fürchtete, dass er und seine Familie verloren wären, wenn der krüpplige Apfelbaum umstürzt.
Ich habe diesen alten Mann nicht erfunden.

Während der Recherche zum Heft stieß ich auf einen alten TV-Beitrag des irischen Fernsehens. Darin wird Jim Sweeney interviewt: Der alte Mann mit dem Baum.
Seine Geschichte wurde in Ardagh, Longford, 1979 aufgezeichnet und von RTÉ 1 (Raidió Teilifís Éireann), dem ältesten TV-Programm Irlands ausgestrahlt.
Selbst ansehen könnt ihr euch den Beitrag hier:

https://www.youtube.com/embed/4zIWizf_FOg&t=0s

Feen sind Fabelwesen, die wohl mit kaum einem Land enger assoziiert werden als mit Irland. Allerdings haben die Feen der Sagen und Mythen wenig Ähnlichkeit mit schmetterlingsgeflügelten, zarten Wesen, die Glitter verstreuen und niedlich-oberzickig das Näschen rümpfen.
Im irischen Glauben stehen die Wesen, die wir gemeinhin Feen oder Elfen nennen, Halbgöttern näher als Naturgeistern. Am bekanntesten sind dabei sicherlich die Túatha Dé Danann, das Volk der Göttin Danu.

Ein anderer Name für sie lautet: „Tuath Dé“, Stamm der Götter.
Allein diese Namen verraten schon, dass man sich unter ihnen sehr machtvolle Wesen vorstellte. In den Geschichten über sie schreibt man ihnen zu, sie seien immun gegen das Altern und gegen Krankheit – aber auch, dass sie die Fruchtbarkeit des Landes und das Wetter beherrschen.

„Unsere“ Fee stammt nur bedingt aus dem Geschlecht der Túatha Dé Danann. Sie ist eine Leannán sídhe, eine „Feen-Geliebte“, die man den Aos sí zuschreibt.
Die „Leute aus den (Feen-)Hügeln“ sind gewissermaßen eine weniger spektakulär-göttliche Spezies von Feen. Zwar stammen die Aos sí von den Túatha Dé Danann ab, sind jedoch nicht so mächtig wie sie und unterscheiden sich auch in weiteren Merkmalen von ihnen.

Für die Aos sí gibt es viele Namen. Dieser Umstand hängt damit zusammen, dass man aus Ängsten und Tabuvorstellungen heraus vermied, sie direkt zu nennen. Denn: Feen können ebenso Wohltäter und Helfer sein, wie furchteinflößende Wesen, die Beleidigungen oder Verletzungen ihrer Heimstätten drakonisch bestrafen.
Auch darum hatte Jim Sweeney wohl eine solche Angst um seinen Baum.

Einige der Namen, von denen auch Ali ein paar erwähnt, lauten:
Slúagh na Marbh: Wirt(e) der Toten
na Uaisle: die Edlen, der Adel oder
Daoine maithe: die guten Leute

Zu den Aos sídhe konnte ich keinen Wiki auf Deutsch finden, aber immerhin einen zu Feenhügeln.

https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%ADd

Dafür bietet Grüne Insel. de einen Artikel über den irischen Feen Glauben:

https://www.gruene-insel.de/blog/2021/feen-in-irland-mehr-als-suesse-kleine-wesen/

Auch zur Leannán sídhe direkt war kein guter deutschsprachiger Artikel zu finden – aber: Ich habe etwas anderes für euch.
Das kleine Buch, das Edgar nach Musgrave Hall schickt. Auch das gibt es tatsächlich.

https://www.duchas.ie/en/cbes/5044657/5029424/5142429

Und, wo wir gerade bei realen Hintergründen sind ... Auch mit der Corpse Road habe ich euch nicht angemogelt. Diese „Leichen-Straßen“ gibt es.

Im Spätmittelalter besaß durchaus nicht jede Siedlung das Recht, ihre Toten beizusetzen (vereinfacht gesagt). Starb jemand, musste er zur nächsten Gemeinde gebracht werden, die das entsprechende Recht besaß.
Da der Transport der Särge recht anstrengend sein konnte, gab es an verschiedenen Zwischenstopps des Weges „Coffin Stones“ (Sarg-Steine), auf denen sie für ein Päuschen abgestellt werden konnten. Einige dieser Steine sind bis heute erhalten, andere im Lauf der Jahrhunderte verlorengegangen.

Um nicht wenige ranken sich Legenden.
So erzählt man sich in Devon, als eine Gruppe Träger eines Tages den Sarg eines besonders unbeliebten Verstorbenen auf einem Sargstein abstellte, um sich kurz erholen zu können, sei ein Blitz mitten hineingefahren. Die Leiche soll dabei zu Asche verbrannt und der Stein in zwei Hälften gespalten worden sein. Man sagt, Gott habe nicht gewollt, dass ein „so böser Mensch“ in der geweihten Erde des Friedhofes seine Ruhestätte findet.

Diese Legende und noch einiges mehr könnt ihr hier nachlesen:

https://en.wikipedia.org/wiki/Corpse_road

Auch hierzu habe ich leider keine gute deutschsprachige Quelle gefunden, aber mit Google Übersetzer kommt man einigermaßen gut voran.


Für heute schließt der Vorhang sich wieder, Dillinger sperrt hinter mir ab – der Zauber ruht.
Zumindest für den Moment.

Aller Widrigkeit zum Trotz arbeite ich an Teil 09, recherchiere und hecke weiter schöne Schaurigkeiten aus.
In gut zwei Wochen darf dann auch schon weitergespukt werden. Die „Gespenstische Weihnacht“ steht an! In Gespenster-Krimi 162 lehren wir euch zu dritt das Gruseln

Stay tuned, stay spooky

- Yours truly

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"Während der Roman noch googelt und Bücher wälzt, um sicher zu sein, dass das was er vorhat auch sein kann, tritt der Heftroman einfach die Tür ein."

#InsideMusgrave