Der teuflische Derwisch
Bei all der Kritik an CZ muss ich auch mal erwähnen, dass mir der neue Fokus auf die Charaktere gefällt. Wie gut die Geschichten zu den jeweiligen Figuren passen und wie gut sie geschrieben sind steht auf einem anderen Blatt. Aber das Konzept kann ich nur loben.
Dieses mal erfährt man, wie Michael Zamis seine Zukünftige Thekla kennen gelernt hat. Dabei kann Michael M. Thurner nicht oft genug erwähnen und beschreiben, wie böse und sadistisch die ganze Dämonenschar doch ist. Alles klischeehafte Märchenhexen. Hier ein nettes Beispiel:
»Der Blutbrunnen kommt in den Salon!«, wies er Ernst an. »Die Mühlsteine für die verbesserte Körpersaftpresse gehören ins dritte Verlies. Die Drillinge sollen die Brötchen diesmal ausreichend dick mit Nierensteinchen bestreuen, und ich erwarte, dass sich diesmal kein Haar in der Suppe befindet. Rupft die Menschen gefälligst anständig, bevor ihr ihre Köpfe im Sud aufgießt!
Aber das ist Meckern auf einem für die Serie hohem Niveau. Der Autor macht seine Sache gut. Ich sehe eher bei der allgemeinen Geschichte von Herrn Voehl Mängel. So soll Michael sich, nachdem er seine Macht in Wien gefestigt hat, in Asmodis' Auftrag eine Dämonengespielin aussuchen. Dabei wird ihm Nahe gelegt, auch ja die richtige Wahl zu treffen. Wir als Leser merken schnell und deutlich, dass Michael sich besser keinen Fehlschlag erlauben sollte. Thekla und ihre Schwester kommen in die Endauswahl. Soweit so gut. Dann entscheidet sich der junge Zamis aber für die falsche Braut, die mit seinem Gegenspieler paktiert. Er hat eindeutig versagt und nach dem ganzen Wirbel sollte er nun die Konsequenzen spüren. Ich als Asmodis würde schon dafür sorgen, sonst mache ich mich ja lächerlich. Es passiert...nichts. Michael wird zwar von seinem Gegner verwundet, aber Thekla erwartet ihn schon daheim und pflegt ihn gesund. Im Endeffekt war es kackegal, welche Entscheidung Michael getroffen hat. CZ schafft es wie keine zweite Serie, spannende Erwartungen aufzubauen und dann schlichtweg verpuffen zu lassen.
In der Gegenwart verschlägt es Thekla mit einem Basilisken im Auftrag von Asmodis nach Istanbul zu den Oppositionsdämonen. Mit einem Vertreter jeder mythischen Wesen also, die in Buch 15 noch unglaublich machtvoll und schwer zu beschwören waren. Wir erinnern uns: Nachdem ganz Wien versteinert wurde war ein Basilisk die einzige Geheimwaffe. Nach der Coco mehrere Geschichten lang gesucht hat. Nun bekommt Thekla so ein Viech mal eben so zur Seite gestellt, als wäre es ein Hilfskobold. Auch hier gilt wieder, gut vom Autor geschrieben. Er kann nichts dafür, dass Voehl so einen Unsinn in das Konzept schreibt. Er erwartet offenbar nicht, dass die Aufmerksamkeitsspanne des durchschnittlichen Zamislesers fünf Bände zurück reicht.
Dafür gibt es dann am Ende wieder den klassischen Sexkram. Thekla gelangt in die Fänge des Widerstandes und wird mit dämonischer Musik in Trance versetzt, wo sie von einem fetten Ekeldämon den Unterleib wundgefickt bekommt. Zehn Tage braucht sie, um überhaupt wieder zu Bewusstsein zu kommen, so kaputtgebumst wurde sie. Tags darauf besucht sie der Dämon erneut, und verlangt, dass sie sich bewusst in Trance begibt und ihm folgt. Schließlich soll sie beweisen, dass sie einem Deal mit dem Widerstand offen gegenüber steht. Ich kann nur soviel verraten, bei Thekla steht sicher einiges offen, als man mit ihr fertig ist.
„So sehr sich Thekla ihren Kopf auch zermarterte – viele Dinge, die sie getan haben musste, blieben vergessen. Natürlich wusste sie von vielen der Schandtaten, die Cin ihr angetan hatte. Sie würde sie ihr Leben lang wie Narben tragen. – Wie Narben, auf die man stolz war.“
Natürlich. Als Weibsbild sollte sie stolz sein, einen mächtigen Dämon und seine Freunde so geil gemacht zu haben. Sie sollte ihre Vergewaltigungen als Kompliment ansehen. Oder wie?
Das Futter für die Zamis-Massen muss ich leider mitnehmen, wenn ich wissen möchte, wie es weiter geht. Am Ende trifft die eh schon gemarterte Thekla Zamis auf den Anführer der Oppositionsdämonen (DER Anführer oder wieder nur ein regionaler Boss wie in Venedig?) und wird als Geisel gefangen genommen. Man möchte keine Frau in einer Heftserie von Uwe Voehl sein. Der arbeitet anscheinend inzwischen alleine die Plots aus.
Trotzdem bin ich gespannt, wie es in der nächsten Geschichte weiter geht. Und da Michael M. Thurner die Vorgaben nach seinen Möglichkeiten schriftlich gut umgesetzt hat, möchte ich den Roman nicht abstrafen.
(6 von 10 Freaks)
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