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Der Autor erwähnt zwar in der Erzählung "Raupen", dass die meisten Gespenster außer der verursachten Furcht "letzten Endes nicht viel Schaden" anrichten und "auch durchaus freundlich und wohlwollend sein" können, aber für nächtliche Schrecken und beängstigende Heimsuchungen sorgen sie zumindest in diesem Band - und noch für viel mehr. __________________
Dieser Band wurde vom Experten für die unheimliche Phantastik Kalju Kirde zusammengestellt, wenngleich der Verlag es schlichtweg übersehen hat, diese Herausgeberschaft auch im Buch selbst würdigend zu erwähnen. Leider hat Kirde, dem der deutsche Leser unter anderem die "Bibliothek des Hauses Usher", zahllose andere Zusammenstellungen und generell die Bekanntschaft mit Algernon Blackwood, Jean Ray, William Hope Hodgson und anderen Schriftstellern des Phantastischen zu verdanken hat, nicht unbedingt die geschickteste Auswahl getroffen. Auch deshalb, weil von den 15 Erzählungen bereits 5 zuvor in Deutschland erschienen sind. Natürlich ist sein Bemühen, Vielseitigkeit bei den Erzählungen zu bieten, lobenswert, allerdings kann der Leser auf der Suche nach einer gepflegten Gänsehaut englischen Ursprungs mit humorvollen Erzählungen ("Mr. Tillys Séance" oder teilweise "Wie die Lange Galerie ihren Schrecken verlor") vielleicht nur bedingt etwas anfangen. Auch Erlebnisse mit haarigen weiblichen Missing Links, die lebenden Gemsen die Beine ausreissen ("Das Schreckenshorn"), erwartet man nicht primär in einem Band mit dem Untertitel "Gespenstergeschichten", die zudem von einem Meister seines Faches stammen. Andererseits liest sich die schöne Boshaftigkeit, die in hohem Maße Bensons Romane um Emmeline Lucas und Elizabeth Mapp-Flint ('Lucia & Mapp`) auszeichnet, recht charmant bei Mr. Tilly, "Der Affe" und anderen Geschichten. Der Großteil der Erzählungen in diesem Band erfüllt aber uneingeschränkt die Erwartungen des Lesers, und wenngleich man sich von den rund 70 phantastischen Geschichten Bensons einige andere gewünscht hätte, ist man doch dankbar dafür, dass es in Deutschland überhaupt einen Band gibt von diesem feinen Erzähler englischer Spukgeschichten; der von Michael Görden versprochene Band in der Phantastischen Literatur bei Bastei wurde leider nie realisiert.
Benson hatte eine Vorliebe für spukhafte Häuser ("Sühne", "Die Geschichte vom leeren Haus" und "Das andere Bett"), eine andere für kriechende raupen- und schneckenähnliche Wesen, wie sie in gleich drei Erzählungen Furcht und Tod bringen ("Negotium perambulans", "Das Wesen in der Halle" und "Raupen"; leider fehlt die in Deutschland kaum bekannte Geschichte "Und es singt kein Vogel"). Eine schöne Pan-Geschichte gibt es ebenso ("Der Mann, der zu weit ging") wie auch die anrührende Geschichte um Peter Graham, der unmerklich und freudig vom Leben in den Tod hinüberwechselt ("Piraten"). Und mit "Mrs. Amworth" wird zudem eine respektable Vampirgeschichte geboten. Bensons unheimliches Meisterwerk "Die Turmstube" fehlt in dieser Sammlung, ist jedoch in zahlreichen Anthologien zu finden.
Wie gesagt: ein breites Spektrum unheimlicher Geschichten. Bedauerlich allerdings, dass es in Deutschland nur für diesen einen Band mit Gespenstergeschichten von Edward Frederic Benson gereicht hat - obwohl es ausreichend Material für weitere Sammlungen geben würde.
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
Nikolaj Gogol: Die Mainacht oder Die Ertrunkene